Premier Topolánek muss zurücktreten – belastet dies den EU-Ratsvorsitz?

Mirek Topolánek (Foto: ČTK)

Das liberal-konservative Regierungskabinett von Premier Mirek Topolánek muss zurücktreten. Die Regierung verlor am Dienstag die Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus. Das Misstrauensvotum trifft das Land zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt mitten im EU-Ratsvorsitz.

Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
Hintergrund sind seit langem Streitigkeiten innerhalb der einzelnen Koalitionsparteien. Mit 101 Stimmen votierten am Dienstag die linksgerichtete Opposition aus Sozialdemokraten und Kommunisten sowie vier Abgeordnete aus dem Regierungslager für den Misstrauensantrag. Damit war die erforderliche absolute Mehrheit im 200 Sitze zählenden Abgeordnetenhaus exakt erreicht. Mirek Topolánek und sein Kabinett müssen nun formal den Rücktritt einreichen. Bis eine neue Regierung gebildet wird, bleibt die alte jedoch kommissarisch im Amt. Dazu sagte der Hauptinitiator des Misstrauensvotums, der sozialdemokratische Oppositionsführer Jiří Paroubek:

Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
„Ich gehe davon aus, dass die aktuelle Regierung noch die Ratspräsidentschaft zu Ende bringen kann.“

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft endet am 30. Juni. Topolánek betonte im Tschechischen Fernsehen, die verlorene Vertrauensabstimmung werde zwar den EU-Vorsitz formal nicht beeinflussen, aber…

„Ich glaube, dass dies unsere Verhandlungskraft schwächen wird. Unsere europäischen Partner haben sich schließlich zuvor an unsere harte Verhandlungstaktik gewöhnen müssen. Mit dieser Strategie haben wir einige Kompromisse in der Europäischen Union erreicht.“

Martin Bursík  (Foto: ČTK)
Für die weitere politische Entwicklung in Tschechien liegt der Spielball nun bei Staatspräsident Václav Klaus. Er entscheidet, wer mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt wird und wann oder ob sich das Abgeordnetenhaus vorzeitig auflösen soll. Das hieße wiederum: vorgezogene Neuwahlen.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Unter den Politikern in Tschechien herrscht jedenfalls derzeit große Ratlosigkeit. Denn auch die Linke kann sich angesichts von sieben fraktionslosen Parlamentariern im Abgeordnetenhaus keiner Mehrheit für ein eigenes Kabinett sicher sein. Noch-Vizepremier Martin Bursík von den Grünen befürchtet, dass die Lage den Kommunisten in die Hände spielt:

„Ich bin überzeugt, dass der Prozess, den Sozialdemokraten und Kommunisten nun ins Laufen gebracht haben, nicht durchdacht ist. Es lässt sich keine Regierung bilden, ohne die Kommunisten mit einzubeziehen.“

Was also wird Václav Klaus machen? Bisher schweigt das tschechische Staatsoberhaupt noch. Klaus schickte stattdessen seinen Sprecher vor, der nur bestätigte: Der Präsident werde sich an die Verfassung halten.