Presseeinblicke - und außerdem: Eine Tschechin bei Radio Bremen

Im Medienspiegel präsentieren wir Ihnen heute wieder die Schwerpunktthemen der tschechischen Tageszeitungen in dieser Woche. Außerdem hat Christian Rühmkorf dieses Mal den Blick nach Deutschland gerichtet und sich dort mit einer tschechischen Journalistin getroffen, die bei Radio Bremen arbeitet.

Marie Kráslová  (Foto: ČTK)
Bereits jetzt werden die Themen in den tschechischen Tageszeitungen immer sommerlicher, zu spüren ist, dass die Ferien der hohen Politik nahen. Am Donnerstag zum Beispiel dominierte der Tod der bis dahin ältesten Tschechin die Themenseiten einiger Blätter. Marie Kráslová starb am Dienstag im Alter von 109 Jahren, was die Zeitung„Lidové noviny“ zu folgendem Titel inspiriert hat: Es starb die Frau, die noch den Kaiser gesehen hat. Und weiter heißt es: „Ein genaues Rezept für langes Leben gibt es wahrscheinlich aber nicht. Frau Kráslová aß laut den Angehörigen auch gerne ungesunde Speisen.“ Die „Mladá Fronta Dnes“ hat zudem einen Blick in die Statistiken geworfen und titelte sogar auf der ersten Seite am Donnerstag: Tschechen leben immer länger, die Zahl der Hundertjährigen nimmt zu.

In den letzten Monaten eilt die tschechische Währung von einem Rekordwert zum nächsten. Und das hat laut der Wirtschaftszeitung „Hospodařské noviny“ Konsequenzen: Tschechische Firmen führen bereits den Euro ein, titelte das Blatt am Dienstag. Auf diese Weise wollen vor allem exportorientierte Unternehmen Kursverluste vermeiden. „Während die Politiker sich nicht einigen können, wann die gemeinsame europäische Währung eingeführt werden soll, haben sich große Firmen von der Krone praktisch schon verabschiedet“, schreibt das Blatt. Gerade die Automobilhersteller wie Škoda drängen ihre Zulieferer dazu, nur noch in Euro abzurechnen. Aber nicht nur die, wie die „Hospodařské noviny“ anmerkt, sondern auch kleine exportorientierte Firmen.

Soweit unser kleiner Presseeinblick für diese Woche.


Im zweiten Teil des Medienspiegels hören Sie nun ein Gespräch, das Christian Rühmkorf mit Libuše Černá geführt hat, einer Tschechin, die seit über 30 Jahren in Deutschland lebt und als Redakteurin bei Radio Bremen arbeitet.

Frau Černá, Sie sind Tschechin und Redakteurin bei Radio Bremen. 1977 haben Sie nach Westdeutschland geheiratet und deshalb die Tschechoslowakei verlassen. War damals schon der Wunsch da, Journalistin zu werden?

„Also ich wollte schon immer etwas schreiben. Die Frage als Journalistin zu arbeiten, die stellte sich für mich überhaupt nicht, weil das damals aus politischen Gründen in der früheren Tschechoslowakei für mich überhaupt nicht in Frage kam. Für die Tageszeitung ´Lidove noviny´ habe ich so ein paar kleine Geschichten geschrieben für die Sonntagsbeilage, aber das war halt das höchste der Gefühle. Ich da niemals als Journalistin arbeiten wollen, das kam überhaupt nicht in Frage. Ich wollte eigentlich Kripo-Beamtin werden. Das war so mein Traumjob, den ich mir so vorgestellt hatte und das ist genau an der gleichen Geschichte gescheitert. Ich hätte zur Polizei gehen müssen, um bei der Mordkommission arbeiten zu können. Und da hab ich gesagt, nein, das mache ich nicht, das kommt nicht in Frage.“

Wie hat dann der weitere Weg in den Journalismus geführt?

„Ich bin nach Deutschland gekommen und hab dann hier in Bremen und Grenoble studiert und hab schon während des Studiums angefangen für Zeitungen zu schreiben. Und ich kam Ende der 70er, Anfang der 80er in eine Gruppe – das war die Zeit, in der man in Deutschland Stadtillustrierte gründete. Und da kam ich in eine Gruppe, die das Ziel hatte, eine Stadtillustrierte ins Leben zu rufen. Ich gehörte zu der Gründungsgruppe und hab dann für diese Illustrierte geschrieben. Das habe ich neben dem Studium gemacht. Und dann kam ein Redakteur von Radio Bremen auf mich zu. Der wollte für ein Jahr nach Amerika gehen und suchte jemanden, der für diese Zeit seinen Job übernimmt. Und der hat mich gefragt, ob ich Lust dazu hätte, das zu machen und dann habe ich darüber nachgedacht und mir gesagt: ´Er fragt mich sicher nicht zwei Mal.´ Und dann habe ich ja gesagt.

Wie sah ihre Arbeit bei Radio Bremen in der Anfangszeit genau aus?

„Ich habe hier angefangen mit einer Kulturrubrik. Die lief drei Mal in der Woche. Ich habe dann, weil das auch meinem Studium und meinen Interessen entsprach, mit verschiedenen Kulturberichten angefangen. Weil ich wusste, ich hatte nur dieses eine Jahr Zeit, ich wusste er kommt wieder und will wieder seine Rubrik weitermachen, deshlab musste ich in diesem einen Jahr zusehen, dass ich noch etwas anderes machte. Und dann habe ich sehr schnell auch politische Berichte gemacht, was man als Reporter eben so macht.“

Wie muss man sich das vorstellen, Sie konnten noch gar nicht so lange Deutsch, das haben Sie erst in Deutschland gelernt. Wie konnten Sie da als Ausländerin so mir nichts dir nichts eine Radiosendung moderieren?

„Im Nachhinein erzählt man das alles natürlich wesentlich schöner als es war, weil man das Unangenehme vergessen oder verdrängt hat. So einfach war das nicht. Ich hatte wirklich den Vorteil, dass ich diese Rubrik hatte und die musste laufen. Ich musste drei Mal pro Woche beschäftigt werden. Wenn ich als eine normale freie Mitarbeiterin angefangen hätte, dann wäre das sicher wesentlich schwieriger gewesen. Das war das eine. Das andere war, dass ich zu dem damaligen Zeitpunkt, hier wirklich eine Exotin war. Eine Frau, die irgendwie mit einem Akzent spricht, die irgendwie komisch ist. Und man fand das irgendwie skurril. Man gibt sich in Bremen sehr weltoffen und dann hatte man einen Beleg dafür, dass man auch weltoffen ist, weil man diese Frau hier beschäftigt. Ich war damals vier Jahre hier in Deutschland, als ich Bei Radio Bremen angefangen habe zu arbeiten. Und ich hatte natürlich Schwierigkeiten mit der Sprache. Ich habe das immer so gemacht: Ich habe mir abends überlegt, was ich schreiben will, bin dann ins Bett gegangen und hab dann nachts immer wieder an diesen Texten im Halbschlaf weiter gearbeitet, bin morgens um vier Uhr aufgestanden, habe das aufgeschrieben. Dann eine kleine Pause und danach habe ich das noch mal überarbeitet. Um sechs Uhr ist mein Mann aufgestanden und hat die Texte korrigiert. Und ich habe mir das dann noch mal angeschaut und gelernt. Und dann hab ich morgens von sieben bis acht meine Beiträge produziert. Das ist schon die harte Schule. Das ist die sozialistische Erziehung, die da eine Rolle spielt.“ (lacht)

Sie sind heute die stellvertretende Redaktionsleiterin von „Funkhaus Europa“, einem der vier Sender von Radio Bremen. Haben Sie bei Ihrer Arbeit noch Verbindung zu Tschechien?

„Ich habe natürlich sehr viele Beziehungen zur Tschechischen Republik. Und das ist mir sehr wichtig. Ich habe nie die Beziehungen zu meinen Freunden, zu meiner Familie abgebrochen, so wie das bei anderen Leuten, die in die Emigration gegangen sind, der Fall war. Und das hätte ich auch nicht aushalten können. Das war mir immer ganz wichtig. Und heute ist mir das auch wichtig, dass bei der Arbeit über die Tschechische Republik berichtet wird. Manchmal bin ich sehr zurückhaltend, weil cih denke, ich darf nicht jedes Mal sagen: ´Und übrigens in Prag ist das und das noch.´ Ich denke, dann wäre ich wieder skurril. Aber ich achte schon darauf und wenn es um bestimmte Themen geht, dann sagte ich immer: ´Ach, könnten wir vielleicht auch mal aus Prag etwas dazu machen?´“