Prozess des Jahres - Verfahren gegen Abgeordneten Rath beginnt
In Tschechien sprechen die Medien vom Prozess des Jahres: Seit Mittwoch muss sich der ehemalige mittelböhmische Kreishauptmann David Rath vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft ihm und zehn weiteren Personen umfangreiche Korruption. Der Fall David Rath hatte hohe Wellen geschlagen, weil erstmals einem einflussreichen Politiker eine rechtskräftige Verurteilung wegen Bestechung droht. Zudem kann der Abgeordnete sein Mandat nicht ausüben, weil er in Untersuchungshaft bleiben muss – ein Präzedenzfall in der tschechischen Politik. Im Folgenden mehr über den Prozess und den Fall.
Den elf Politikern, Beamten und Unternehmern wird die umfangreiche Manipulation von öffentlichen Aufträgen im Kreis Mittelböhmen vorgeworfen, mit dem Ziel, sich daran zu bereichern. Bei den Aufträgen handelte es sich um die Modernisierung von acht Krankenhäusern sowie des Schlosses Buštěhrad. David Rath soll laut Anklage insgesamt 16 Millionen Kronen (640.000 Euro) Bestechungsgelder angenommen haben. Bei seiner Verhaftung im Mai vergangenen Jahres sei er auf frischer Tat ertappt worden, heißt es. Die Polizei fand damals bei Rath einen Weinkarton mit Geld. Vor dem Zugriff hatten die Behörden monatelang die Telefone und Wohnungen von ihm und seinen möglichen Komplizen abgehört. Staatsanwalt Petr Jirát führt die Anklage.
„In dem berühmten Weinkarton befand sich die Bestechungssumme für den Auftrag in Buštěhrad in der Höhe von sieben Millionen Kronen. Der Karton wurde bei der Verhaftung des Angeklagten David Rath sichergestellt. Die restlichen neun Millionen stammten von weiteren Aufträgen“, sagte Jirát gegenüber dem Tschechischen Rundfunk.David Rath soll das Geld im Weinkarton kurz zuvor bei einem Treffen mit zwei weiteren Beschuldigten erhalten haben.
Der Politiker selbst weist alle Vorwürfe der Anklage von sich. Seine Verteidigung hat der rhetorisch beschlagene ehemalige Sozialdemokrat in eigene Hände genommen. In der Untersuchungshaft hatte Rath sich intensiv darauf vorbereitet. Am ersten Tag der Gerichtsverhandlung sprach er mehr als vier Stunden. Dabei sagte er unter anderem, es habe gar keine Möglichkeit gegeben, öffentliche Aufträge zu beeinflussen. Und beim wohl stichhaltigsten Beweisstück, dem berühmt-berüchtigten Weinkarton, will Rath den Inhalt gar nicht gekannt haben. Er deutete an, dass ihm das Geld untergeschoben worden sei:„Ich wurde rund zwei Meter von dem Karton weggeführt. In dem Moment füllte sich der Zwischenraum mit vielen Polizisten. Ich habe dann für rund zehn Minuten jegliche Sicht auf den Karton verloren.“
David Rath bezeichnet den Prozess immer wieder als ein Konstrukt, mit dem er politisch vernichtet werden solle. Auch deswegen ist der Ausgang des Gerichtsverfahrens spannend. Doch der Prozess könnte sich zu einem juristischen Musterbeispiel entwickeln, meint Radim Bureš von der Antikorruptionsvereinigung Transparency International in Tschechien:„Es ist der bisher größte Fall von möglicher Bestechung in Tschechien, der vor Gericht gebracht werden konnte. Ausgenommen vielleicht den Privatisierungsfall der Firma MUS, der leider aber nicht hierzulande, sondern in der Schweiz verhandelt wird. Mit großer Sicherheit dürfte sich der Prozess gegen Rath noch bis in höhere Instanzen weiterziehen, denn man muss von Berufungsverfahren ausgehen. Dabei wird sich dann zeigen, wie die Gerichte die Beweise bewerten, was sie überhaupt als Beweismaterial anerkennen. Aus dieser Sicht dürfte der Prozess eine Anleitung werden, wie in Zukunft mit umfangreichen Bestechungsfällen umgegangen werden sollte.“
David Rath drohen insgesamt bis zu zwölf Jahre Haft. Die Verhandlung vor dem Prager Kreisgericht ist vorerst bis Oktober angesetzt.