Regierung hat Krise überwunden, Zweifel an ihrer Lebensfähigkeit bleiben

Karolína Peake und Petr Nečas (Foto: ČTK)

Das Scheitern der tschechischen Mitte-Rechts-Regierung von Premier Petr Nečas konnte letzte Woche wieder einmal im letzten Augenblick verhindert werden. Der aufmüpfige kleine Koalitionspartner von der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) wurde befriedet. Alles Eitel Sonnenschein nun? Die politischen Kommentatoren gehen in ihren Ansichten dazu auseinander.

Tschechische Regierung  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Auch wenn die tschechische Regierung gerettet ist, fragen sich viele Experten, ob die jüngste Änderung im Regierungsteam tatsächlich zu einer Beruhigung führt, oder ob nicht bereits ein weiterer Konflikt am Horizont sichtbar ist?

Die drei Regierungsparteien haben einen sehr detaillierten Anhang zu ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, der viele Prioritäten des kleinsten Koalitionspartners, der Partei der öffentlichen Angelegenheiten, beinhaltet. Der Partei ist es zudem auch gelungen die ihr zustehenden Ministerposten so zu besetzen, dass sie sich in der Regierung wieder stärkeres Gehör verschaffen kann. Bedeutet das also, dass jetzt alle potentiellen Gefahren für ein Scheitern der Regierung gebannt sind?

Petr Nováček
Petr Nováček vom ersten Programm des Tschechischen Rundfunks, der mit seinen Kommentaren die tschechische Politik seit vielen Jahren begleitet, ist da eher skeptisch:

„Mit der Zeit wird sicherlich irgendein Problem auftauchen, weil die Partei der öffentlichen Angelegenheiten sehr kreativ ist. Was aber die personellen Fragen angeht, werden zu den nun besetzten Ministerposten sicher noch weitere in den jeweiligen Ministerien und in den Verwaltungsräten von Unternehmen im staatsnahen Bereich dazukommen. Deswegen glaube ich, dass die Partei für eine gewisse Zeit zufrieden sein dürfte.“

Karolína Peake  (Foto: ČTK)
Während die bisherige Fraktionschefin und Justizexpertin der VV-Partei, Karolína Peake, schon seit langem als ministrabel galt, hat die Berufung des erst 29-jährigen Parteimanagers Pavel Dobeš für einige Überraschung gesorgt. Warum hat die kleinste Regierungspartei ausgerechnet den jungen Pavel Dobeš in das schwierige Verkehrsministerium geschickt, auch wenn er in diesem Bereich über keinerlei Erfahrung verfügt? Petr Nováček:

„In einer der wundersamen geheimen Tonbandaufnahmen, die durch die Medien geisterten, und die ein Treffen bei Vít Bárta zu Hause wiedergaben, tauchte unter anderem auch der Name Pavel Dobeš auf und zwar im Zusammenhang, dass gerade er am meisten für die Finanzierung der Partei verantwortlich ist. Es wird angenommen, dass Dobeš Bárta sehr nahe steht. Und Bárta ist zwar nur einfacher Abgeordneter, aber hat immer noch großen Einfluss auf das Innenleben der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, auch wenn es in letzter Zeit so aussieht, als ob er nicht mehr so dominant wäre.“

Pavel Dobeš  (Foto: ČTK)
Welche praktischen Konsequenzen werden die jüngsten Rochaden im Regierungsteam haben? Kommentator Nováček vom Tschechischen Rundfunk glaubt bemerkt zu haben, dass sich die Art und Weise, wie innerhalb des Regierungslagers Konflikte ausgetragen werden, in den letzten Wochen geändert hat:

„Es ist nicht üblich, dass man alles über das Innenleben der politischen Parteien erfährt, zumal es sich in diesem Fall auch um ziemlich persönliche Angelegenheiten handeln dürfte. Wenn die Regierung tatsächlich das Kriegsbeil begraben will, dann wird sie gut beraten sein, zu den jüngsten Vorfällen nicht mehr zurückzukehren. Ich möchte darauf hinweisen, dass in letzter Zeit offensichtlich auch die Verbreitung von gezielten Indiskretionen in gewissen Medien nachgelassen hat. Es ist also nicht mehr so, dass man die Zeitung öffnet und dort täglich die Niederschrift irgendeines geheimen Tonband-Mitschnitts findet. Das könnte bedeuten, dass in den jeweiligen Regierungsparteien jene Kräfte gezügelt wurden, die in der Skandalisierung von politischen Mitbewerbern ein wichtiges Instrument der politischen Auseinandersetzung gesehen haben.“

Weitaus skeptischer ist hingegen der Politikwissenschaftler Bohumil Doležal von der Prager Karlsuniversität. Trotz des nun geschlossenen Zusatzes zum Koalitionsvertrag sieht er nur sehr geringe Chancen, dass das Drei-Parteien-Bündnis bis zum regulären Wahltermin im Jahr 2014 durchhält.

„Die Chance ist sehr gering, weil jeder dieser Parteien ein wenig anders veranlagt ist. Insbesondere die Partei der öffentlichen Angelegenheiten unterscheidet sich von allen anderen dadurch, dass ihr Hauptziel das Erlangen und Verteidigen bestimmter Machtpositionen zu sein scheint. Alles, womit sich diese Partei nach außen präsentiert, einschließlich ihres Programms, ist diesem einen Ziel untergeordnet. Deshalb ist dieses Programm auch populistisch. Daraus folgt, dass diese Partei ihre beiden Regierungspartner als Gegner sieht, die ihr in der Verwirklichung des besagten Zieles im Wege stehen. Da ist eine Verständigung nur äußerst schwierig. Der Unterschied wird deutlich, wenn man die Rolle vergleicht, welche die Grünen in der vorletzten Regierung von Premier Topolánek gespielt haben und welche Rolle gegenwärtig die Partei der öffentlichen Angelegenheiten wahrnimmt.“

Karolína Peake und Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Den Grund dafür sieht Doležal darin, dass die Regierung seiner Meinung nach praktisch ein Jahr damit verloren hat das innere Machtgefüge innerhalb der Koalition in ein Gleichgewicht zu bringen.

„Das Problem besteht darin, dass es Premier Nečas nach einem Jahr im Amt endlich gelungen ist eine Regierung zusammenzustellen, die er schon gleich nach den Wahlen hätte haben können, und zwar eine Regierung mit so etwas wie einer Grundaufstellung. Ich persönlich habe meine Zweifel, dass der sehr detaillierte Anhang zum Koalitionsvertrag, der nun verabschiedet wurde, in irgendeiner Weise den Fortbestand der Regierung sichern könnte. In der Koalition fehlt von Beginn an Konsens sowie guter Wille und daran hat sich auch jetzt nichts geändert. Ich gehe davon aus, dass das Bündnis nicht stabiler werden wird“, glaubt der Politikwissenschaftler Bohumil Doležal.