Regierungskrise beendet, politisches Klima bleibt vergiftet
Der Fortbestand der tschechischen Regierungskoalition ist vorerst gesichert. Fünf Monate vor den Parlamentswahlen wurde Ano-Parteichef Babiš als Finanzminister abberufen. Premier Sobotka hatte den Schritt gefordert, weil er dem Milliardär vorwirft, mit steuerfreien Schuldscheinen den Fiskus umgangen zu haben. Als Minister ersetzt wurde Babiš nun von dem früheren IT-Manager und heutigen Ano-Abgeordneten Ivan Pilný.
Nun darf er sich also Finanzminister nennen, zumindest für einige Monate bis zu den Parlamentswahlen im Oktober. Mit diesem Schritt hält Premier Bohuslav Sobotka die Regierung für gerettet, wie der Sozialdemokrat auf der Prager Burg sagte:
„Mit dem Austausch des Finanzministers endet jegliche Debatte über den Interessenskonflikt von Andrej Babiš. Das ist gut so. Denn die Probleme und Skandale rund um die unternehmerische Vergangenheit von Andrej Babiš werden nicht mehr die Arbeit der Regierung belasten.“Auch wenn die Regierung in den ausstehenden fünf Monaten beieinander bleibt, zeigte sich am Mittwochnachmittag deutlich: Das politische Klima in Tschechien ist vergiftet. Babiš hat mittlerweile gedroht, Premier Sobotka wegen übler Nachrede anzuzeigen. Dabei sind beide im Wahlkampf die Spitzenkandidaten der zwei größten Parteien.
Kurz vor seiner Abberufung trat Andrej Babiš im Tschechischen Fernsehen erneut nach, indem er an Sobotkas Ära als Finanzminister von 2002 bis 2006 erinnerte:
„Ein erfolgloser Finanzminister ruft einen Finanzminister ab, der die besten Ergebnisse hatte. Er zerstört die Regierung, welche die bisher beste hätte sein können.“
Andrej Babiš nimmt für sich in Anspruch, die beste Steuerquote jemals in Tschechien erreicht zu haben. Außerdem wies der Staatshaushalt im vergangenen Jahr ein Plus aus.
Staatspräsident Miloš Zeman hatte sich während der Regierungskrise auf die Seite von Babiš geschlagen. Am Mittwoch folgte er praktisch der Sichtweise des Ano-Chefs:„Vielleicht wurde Andrej Babiš gerade deswegen abberufen, weil ihn der Neid begleitet hat, der jeden trifft, der erfolgreich ist. Und das von jenen, die weniger erfolgreich sind oder gar keinen Erfolg haben.“
Dabei ist es eigentlich Babiš, der in Schwierigkeiten steckt. So ist nicht klar, wie weit er wirklich unabhängig ist von seinem Konzern Agrofert, obwohl er die Firma in eine Treuhand überführt hat. Ebenso wenig geklärt ist, ob der Kauf von 1,5 Milliarden Ein-Kronen-Schuldscheinen seines Konzerns Ende 2012 noch rechtens war oder ein Versuch der Steuerhinterziehung. In diesem Fall haben die Finanzbehörden begonnen zu ermitteln. Außerdem sind Aufnahmen aus Polizeiermittlungsakten öffentlich geworden. Sie zeigen, wie Babiš wohl versucht hat, belastendes Material über seine politischen Gegner durch einen Journalisten in Umlauf zu bringen. Am Mittwoch hat das tschechische Abgeordnetenhaus beschlossen, zu diesem Fall eine Untersuchungskommission einzurichten.
Babiš klagt wiederum die etablierten Parteien an, ein System der Korruption geschaffen zu haben. Vor allem attackiert er die Sozialdemokraten. Als Beispiel nennt er den jüngsten Fall um die Manipulation von Fördergeldern für den Sport. Der Wahlkampf, so scheint es, könnte ziemlich schmutzig werden.