Rückblick nach 35 Jahren - Proteste zum ersten Jahrestag der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968
Vor genau 35 Jahren haben in der damaligen Tschechoslowakei die größten Protestaktionen gegen die sowjetischen Besatzer stattgefunden. Etwa 50 - 100 000 Menschen marschierten in den Straßen einiger großer Städte, um ihre Unzufriedenheit mit dem Regime zu demonstrieren, das diese Invasion ermöglicht hatte. Der Anlass war der erste Jahrestag der Invasion von Truppen der Warschauer Paktstaaten in die Tschechoslowakei in 1968. Hören Sie jetzt einen Beitrag von Marek Janac, Redakteur des Inlandsenders des Tschechischen Rundfunks. Seinen Beitrag hat Jitka Mladkova für Radio Prag bearbeitet:
"Auf dem Namesti miru, dem Friedensplatz, in Prag sah ich mit eigenen Augen verschiedene kleine Gruppen Jugendlicher, kurz ein paar Buben jeweils hie und da, wie sie etwas auf die anwesenden Polizisten warfen".
So erinnert sich nach Jahren der Augenzeuge Vaclav Zak. Für die Volksmilizen wurde der Befehl erlassen, die Unruhen mit allen Mitteln zu unterdrücken, und dies ist auch geschehen. In der Nähe des Prager Pulverturms haben sie zwei junge Männer erschossen, einen Tag später einen 14jährigen Jungen. Im südmährischen Brno/Brünn sind ein Mädchen und ein junger Mann umgekommen. Das Vorgehen der Volksmilizen kommentiert der Historiker Oldrich Tuma wie folgt:
"Die Volksmilizen waren weder gut trainiert noch psychologisch gut vorbereitet auf die Aufgaben, vor welche sie dann gestellt wurden, wie z.B. die Ordnungskräfte der Polizei. Umso unverantwortlicher war es, ihnen die scharfe Munition in die Hände zu geben."
Im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk erinnerte der Historiker Oldrich Tuma auch daran, dass im August 1969 jedoch auch Panzer, diesmal aber schon aus den Beständen der eigenen, also der Tschechoslowakischen Armee gegen die Demonstranten eingesetzt wurden. Es sei - so Tuma- der allererste und während der gesamten Existenz der Tschechoslowakischen Volksarmee auch der einzige Einsatz einheimischer Panzereinheiten in einer Militäraktion, also außerhalb des Übungsgeländes. Die Ereignisse um den 21.August 1969 bewertet Tuma wie folgt:"Es handelte sich hierbei um die größten Straßenunruhen während der gesamten Existenz des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei, und zugleich um die höchste Konzentration der repressiven Kräfte, die je im gesamten Zeitraum des Bestehens der Tschechoslowakei von 1945 - 1992 gegen ihre Bürger eingesetzt wurden."