Schlamperei mit System? Atomaufsicht rügt laxe Kontrolle von Schweißnähten in AKWs

Zwei Atomkraftwerke stehen in Tschechien. Betreiber ist jeweils der halbstaatliche Konzern ČEZ. Doch der hat bei der Sicherheit geschlampt – und sich deswegen eine schwere Rüge von der Atomaufsichtsbehörde eingehandelt.

Dana Drábová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Es geht um mehrere Tausend Schweißnähte in den Atomkraftwerken. Bei einer Kontrolle im Meiler Dukovany war aufgefallen, dass Röntgenaufnahmen dieser Nähte manipuliert waren. Dana Drábová leitet die tschechische Atomaufsichtsbehörde:

„Entweder waren die Röntgenbilder nicht aussagekräftig, oder sie wurden mit einem Bild des gewünschten Zustands überdeckt. Und in manchen Fällen wurden die Röntgenaufnahmen auch einfach gefälscht.“

AKW Dukovany | Foto: Jiří Sedláček,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED
Bereits im Frühling vergangenen Jahres war die Atomaufsichtsbehörde bei einer Stichprobe darauf gestoßen. Die Röntgenbilder angefertigt hat nicht der Betreiberkonzern selbst. Über mehrere Stufen gelangte der Auftrag zu einem Subunternehmer, so dass ČEZ keine direkte Kontrolle mehr hatte. Die Atomaufsicht hat deswegen angeordnet, alle Schweißnähte zu überprüfen. Also wurden im vergangenen September zwei der vier Blöcke von Dukovany vom Netz genommen. Der erste der beiden Blöcke wurde jetzt erst gerade wieder gestartet. Damit musste Tschechien für rund fünf Monate Strom importieren, anstatt ihn wie sonst immer zu verkaufen. Die Verluste von ČEZ und damit auch des tschechischen Staates sind daher hoch. Drábová sprach am Sonntag in einer Fernseh-Talkshow von mehreren Milliarden Kronen. Außerdem sagte sie, dass nun auch im AKW Temelín die Schweißnähte überprüft werden müssten. Zugleich versicherte die Behördenchefin, dass es nicht um den radioaktiven Teil der Meiler gehe:

AKW Temelín  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„In keinem Fall handelt es sich an einem der sechs tschechischen Reaktorblöcke um Schweißnähte in Bereichen, die wirklich wichtig sind für die Sicherheit. Das heißt, die Nähte im Primärkreislauf sind von dieser Affäre nicht betroffen.“

Auch die betroffenen Bereiche müssten aber „zu einhundert Prozent in Ordnung“ sein, sagte Drábová in der Talkshow des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens.

Die Frage ist nun, wie es zur Schlamperei gekommen ist. Bereits im November kritisierte Dana Drábová, dass ČEZ es wohl mit dem Outsourcing übertrieben habe. Zweite, dritte oder vierte Subunternehmer werde ihr Amt aber in Zukunft nicht mehr dulden, fügte sie am Sonntag hinzu. Der Energiekonzern hat daher Änderungen beschlossen. Lukáš Wagenknecht ist Mitglied des Aufsichtsrates:

Lukáš Wagenknecht  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wir sind von der Konzernführung über ein Maßnahmenpaket informiert worden. Das betrifft eine bessere Prüfung der Arbeitsqualifikation von Angestellten, eine Änderung der Outsourcing-Praxis beziehungsweise zum Beispiel die Nutzung von Tochtergesellschaften bei der Überwachung des AKW-Betriebs.“

ČEZ hat im Übrigen Strafanzeige erstattet gegen den Zulieferer der Röntgenbilder. Doch ganz so einfach dürfte es nicht sein, sagt Drábová. Denn nicht nur einige Röntgenbilder seien manipuliert worden, sondern systematisch alle. Wahrscheinlich habe es wohl neben Schlamperei auch Druck gegeben, möglichst kosteneffizient zu arbeiten. Woher dieser Druck kam, dies werde wohl aber kaum zu beantworten sein, fügte die Nuklearphysikerin hinzu. Sie hat ebenfalls Strafanzeige erstattet gegen unbekannt.

Foto: ČT24
Im Übrigen läuft für Block eins in Dukovany im März die Betriebsgenehmigung aus. Doch Dana Drábová sieht in der Schweißnahtaffäre kein Hindernis, die Genehmigung zu verlängern. ČEZ hat weitere 20 Jahre Laufzeit beantragt.

Autor: Till Janzer
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