Schmuck, Schwejk und Film-Schau in München

Veranstaltung Schmuck 2015 (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)

Design und Schmuck, Film und Věra Chytilová, Literatur und der brave Soldat Schwejk. So lässt sich das Kulturangebot des Tschechischen Zentrums in München in den bevorstehenden Wochen kurz und bündig charakterisieren. Über die Details mehr in einem Interview mit dem Leiter des Zentrums, Ondřej Černý.

Veranstaltung Schmuck 2015  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
Die schönsten Seiten des Handwerks zu zeigen - das hat sich die Internationale Handwerksmesse zum Ziel gesetzt. Sie findet jährlich im März in München statt und ist die größte Messe des Handwerks weltweit. Parallel dazu läuft auch die internationale Veranstaltung Schmuck 2015, bei der Künstler aus Tschechien nicht fehlen dürfen. Herr Černý, wie wird die zeitgenössische tschechische Schmuckkunst vorgestellt? Bietet man eine Schau der jungen Künstler, einen Rückblick in die Geschichte und Entwicklung dieses Kunstbereichs und Werke mehrerer Generationen beziehungsweise verschiedene Techniken und ihre Vertreter?

Veranstaltung Schmuck 2015  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
„Diese Veranstaltung ist eigentlich ein Festival des Schmuckes. Dieses findet im Rahmen der Handwerksmesse statt und ist die größte Veranstaltung der Welt zu diesem Thema. Alle Schmuckliebhaber werden zu dieser Zeit in München sein. Im Tschechischen Zentrum wollen wir Raum für tschechischen Schmuck bieten. Voriges Jahr haben wir junge Künstler präsentiert, die sich mit Schmuck befassen. Dieses Jahr wird es einen Querschnitt durch die Generationen der tschechischen Schmuck-Künstler geben. Die Installation namens ‚Querschnitt‘ wird kuratiert von Jiří Šibor und Julie Bergmann. Dabei geht der Querschnitt nicht nur durch die Generationen, sondern auch durch die Materialien, wie Glas, Eisen, Holz oder Knochen.“

„City-Loft“  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
Direkt im Tschechischen Zentrum kann man seit dieser Woche eine sog. „City-Loft“ sehen und besuchen. Was kann man sich darunter vorstellen?

„Die Vorbereitung dieser Veranstaltung war wirklich sehr spannend. Die Vernissage fand bereits statt, mit großem Erfolg. Das Tschechische Zentrum hat sich in ein Wohn- und Bürozimmer verwandelt. Wir versuchen dort die Design-Komponente eines Wohnzimmers und Büros zu präsentieren. Wir arbeiten mit der Design-Firma Gravelli zusammen, welche sich mit dem Material des Betons befasst. Sie ist stark, jung und innovativ. Der Beton ist schon lange nicht mehr nur ein Baumaterial. Wegen seines speziellen Aussehens, seiner ausgezeichneten Funktionseigenschaften und der Fähigkeit, kombinierbar zu sein mit Glas, Metall und Holz, ist er auch ein hervorragendes Element für Interieur-Design.“

Jaroslav Hašek | Foto: public domain
Bis wann kann man die „City-Loft“ im Tschechischen Zentrum besuchen?

„Das City-Loft ist bei uns bis zum 6. März zu sehen und wird auch im Rahmen der Munich Creative Business Week präsentiert. Das ist eine besonders wichtige Veranstaltung zum Thema Design. Das Tschechische Zentrum ist Teil dieser Veranstaltung. In der ganzen Stadt wird es verschiedene Ausstellungen geben.“

Vom Design nun zur Literatur. Die Abenteuer des braven Soldaten Švejk im Weltkrieg von Jaroslav Hašek sind wohl das bekannteste Buch der tschechischen Literatur in der Welt. Nach fast neunzig Jahren erschien 2014 eine Neuübersetzung in deutscher Sprache. Wer ist der Übersetzer? Sie werden ihn in München persönlich begrüßen dürfen…



Foto: Archiv Reclam-Verlag
„Es ist eine höchst interessante Geschichte, denn die Entstehung der neuen Übersetzung von Schwejk war anfangs sehr unauffällig. Der Übersetzer, ein Sohn des in Deutschland lebenden und bereits verstorbenen tschechischen Dichters und Schriftstellers Antonín Brousek, heißt ebenfalls Antonín Brousek. Ursprünglich ist er gar kein Literat, sondern Richter. Er ist sehr verliebt in Schwejk. Als er einmal eine alte deutsche Übersetzung in der Hand hatte, stellte er fest, dass die Übersetzung so schlecht war, dass es dem Leser unmöglich war, Schwejks Ideen zu verstehen. Deswegen entschied er sich, die neue Übersetzung vorzubereiten. Als diese fertig war, hatte er sie zwei Jahre lang deutschen Verlagen angeboten. Letztendlich hat der Reclam-Verlag Interesse gezeigt. Die Übersetzung bekam gute Rezensionen, wie zum Beispiel von der Frankfurter Allgemeinen. Wir sind sehr froh, Antonín Brousek bei uns in München begrüßen zu dürfen. Die Übersetzung wird übrigens auch im Stuttgarter Literaturhaus präsentiert.“

Věra Chytilová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Von einer Ikone der tschechischen Literatur nur zu einer Ikone des tschechischen Films. Vor einem Jahr ist die berühmteste tschechische Filmregisseurin, Věra Chytilová, verstorben. Sie war eine der führenden Persönlichkeiten einer Generation innovativer Filmemacher aus den 1960er Jahren, die als die tschechoslowakische Neue Welle bezeichnet wird. In München wird an die Regisseurin anlässlich ihres ersten Todestages in großem Stil erinnert. Was wurde im Münchner Filmmuseum vorbereitet?

Film ‚Paradiesfrüchte‘  (Foto: Archiv Febiofest)
„Es ist uns gelungen, zusammen mit dem Filmmuseum München eine Filmretrospektive von Věra Chytilová zustande zu bringen. Diese Retrospektive präsentiert 19 Filme der Filmemacherin. Sie ist so umfassend, dass man sie in der Art kaum woanders in Europa erleben kann. Am 6. März beginnen wir mit den ersten Filmen von ihr: ‚Die Decke‘ und ‚Ein Sack Flöhe‘. Danach zeigen wir die berühmten Filme der Tschechischen Neuen Welle: ‚Von etwas anderem‘, ‚Die Perlen auf dem Meeresgrund‘ und ‚Tausendschönchen‘ aus dem Jahre 1966. Anschließend zeigen wir vom Anfang der 70er Jahre den Film ‚Paradiesfrüchte‘. Bis zum Jahr 1977 konnte Věra Chytilová überhaupt nicht drehen, bis sie schließlich den Film ‚Ein bisschen schwanger‘ produzierte. Danach zeigen wir den Film ‚Fauns allzu später Nachmittag‘, und ‚Prag, das unruhige Herz Europas’. Die Schau geht dann weiter, bis zu den letzten Filmen von Chytilová:‚Die schönen Momente‘, ‚Esther‘ und ‚Vertreibung aus dem Paradies‘. Wir sind froh, dass wir Věra Chytilová nicht nur als Regisseurin der Neuen Tschechischen Welle präsentieren dürfen. Die tschechische Filmkritikerin Jana Podskalská hat die Programm-Einführung des Filmmuseums geschrieben und darin Věra Chytilová zitiert. Das Zitat vom Jahr 2009 lautet: ‚Auf der Welt fehlt immer noch das Mitgefühl, die Moral steht am Rande des gesellschaftlichen Interesses, wenig Aufmerksamkeit widmet man der Kultur. Es regieren dumme Menschen und noch dazu Männer‘. Dieses Zitat ist typisch für Věra Chytilová.“