Schuljahr in Tschechien beginnt – auch für ukrainische Kinder
Hierzulande beginnt das Schuljahr 2022/2023. Nach zwei Corona-Jahren, die unter anderem vom Distanzunterricht geprägt waren, wartet auf die tschechischen Schulen eine neue Herausforderung: die Aufnahme von mehreren Zehntausend ukrainischen Kindern, die in Folge der russischen Aggression aus ihrem Land flüchten mussten.
An Grundschulen und weiterführenden Schulen in Tschechien hat am Donnerstag das neue Schuljahr begonnen. Und zwar nicht nur für Kinder und Jugendliche aus Tschechien, sondern auch für rund 60.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge. Jan Mareš ist stellvertretender Bildungsminister:
„Unsere Aufgabe ist es, ukrainische Kinder, die sich in Folge des Kriegs hierzulande aufhalten, in das tschechische Bildungssystem einzugliedern. Wir müssen für sie Raum im tschechischen Bildungswesen, aber gleichzeitig auch Raum für eine mögliche Rückkehr in die Ukraine schaffen.“
Das Bildungsministerium und die Fachleute empfehlen, die ukrainischen Kinder in tschechische Schulklassen aufzunehmen. Dies ist aber aus Kapazitätsgründen nicht überall gelungen. Jan Mareš:
„Wir haben deswegen durch die sogenannte Lex Ukraine ermöglicht, in Ausnahmefällen getrennte Schulklassen ausschließlich für ukrainische Kinder zu bilden. Außerhalb der eigentlichen Unterrichtsstunden, bei anderen Aktivitäten in der Schule sollten die Ukrainer aber zusammen mit tschechischen Kindern sein, damit es zur Integration kommt.“
An der Grundschule Radlická im fünften Prager Stadtbezirk wurden bereits im vergangen Schuljahr über 50 ukrainische Kinder aufgenommen. Dalibor Neckář ist dort Direktor:
„Der Unterricht für sie lief in einem lockeren Modus. Die Schüler mussten sich zunächst hierzulande eingewöhnen und ihre negativen Erfahrungen überwinden. Nun müssen sie eingegliedert werden und an einem standardgemäßen Unterricht teilnehmen. Dazu gehört, dass sie auch bewertet werden.“
Sein Ressort habe den Schulen die Möglichkeit gegeben, den Umfang des Lehrstoffes je nach Bedarf anzupassen, ergänzte Vize-Bildungsminister Mareš gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:
„Die Lex Ukraine ermöglicht, dass die Schulen selbst einen Lehrplan ausarbeiten und sich auf die wichtigsten Bereiche konzentrieren. Sie müssen sich dabei nicht strikt an das tschechische Bildungssystem halten.“
Komplizierter als in den Grundschulen ist die Lage in der Mittel- und Oberstufe. Laut Bildungsminister Vladimír Balaš (parteilos) haben sich viele Jugendliche im Alter von 17 Jahren nicht an weiterführenden Schulen in Tschechien angemeldet, weil sie ihren Schulabschluss lieber online in der Ukraine machen wollten. Nur etwa ein Viertel der geflüchteten ukrainischen Sekundarschüler sitzt hierzulande auch in den Klassenzimmern, die meisten sind im Alter von 16 Jahren. Ein großes Problem ist für sie die Sprachbarriere. Einige Schulen planen daher, ab September spezielle Anpassungsgruppen für junge Ukrainer zu eröffnen. Dort würden die Jugendlichen zunächst Tschechisch lernen, um im Frühjahr kommenden Jahres die Aufnahmeprüfungen zu den weiterführenden Schulen bestehen zu können. Das Bildungsministerium stellt dafür 200 Millionen Kronen (8,17 Millionen Euro) zur Verfügung.
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