Schwarzenberg für russische Beteiligung an US-Radar – Sozialdemokraten erstaunt

Außenminister Karel Schwarzenberg (Foto: ČTK)

Die Amtseinführung von Barack Obama hat für Tschechien auch eine verteidigungspolitische Komponente. Die Politiker in Prag warten darauf, wie sich der neue amerikanische Präsident zum geplanten US-Raketenabwehrschild in Mitteleuropa stellt. In dessen Rahmen ist ja die Stationierung einer Radaranlage in Mittelböhmen vorgesehen. Aus Washington verlautete bereits, man wolle den Raketenabwehrplan „neu beurteilen“. Russland wiederum lehnt das Abwehrsystem kategorisch ab. Nun hat sich der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg dafür ausgesprochen, Russland an der Raketenabwehr zu beteiligen.

Außenminister Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Eigentlich hat gar nicht Außenminister Schwarzenberg das Thema Raketenabwehr auf den Tisch gebracht. Vielmehr war es die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Dienstag sagte, sie halte es für nötig, dass Russland an diesem amerikanischen Verteidigungsprojekt beteiligt werde. Karel Schwarzenberg antwortete darauf am Rande des Treffens der europäischen Außenminister in Brüssel:

„Wenn Russland in sinnvoller Weise in die Raketenabwehr eingebunden wird, anstatt sich dem Projekt zu widersetzen, dann wäre ich froh.“

Schwarzenbergs Sprecherin ergänzte am Mittwoch, dass der Minister mit der Einbindung einen Vertrag zwischen den USA und Russland meine – beispielsweise über die Anbindung der geplanten US-Radarstation in Tschechien mit einer Radaranlage in Russland. Die Verträge mit den Amerikanern über die Stationierung des Radars im Rahmen der Raketenabwehr hat die tschechische Regierung bereits im vergangenen Jahr unterschrieben. Im Dezember dann billigte der Senat als obere Kammer des Parlaments die Verträge. Doch die größte Hürde kommt erst noch: die Abstimmung in der unteren Parlamentskammer, im Abgeordnetenhaus. Bisher fehlt dort eine Mehrheit für das Radar: Die linksgerichtete Opposition lehnt es ohnehin ab, aber auch in der Regierung gibt es keine Einigkeit. Die Aussicht auf eine Übereinkunft mit Moskau könnte die Wasser in Bewegung setzen. Eine Einigung mit den Russen hält allerdings der verteidigungspolitische Experte der größten Regierungspartei, Jan Vidím von den Bürgerdemokraten, für unwahrscheinlich. Und das, obwohl er Befürworter der Radaranlage in Tschechien ist:

„Da besteht die Frage, wie das Präsident Medwedew und Premier Putin sehen. Ich habe etwas Angst, dass hier der Wunsch Vater des Gedankens war und nicht die Wirklichkeit.“

Die Opposition in Tschechien zeigte sich überrascht über die Äußerungen Schwarzenbergs. Dies sei eine Wende um 180 Grad gegenüber der bisherigen Regierungspolitik, ließ Sozialdemokratenchef Jiří Paroubek wissen. Weiterhin gelte aber, dass er- keine vernünftigen Gründe für die Stationierung des Radars in Tschechien sehe, so Paroubek. Seine Partei werde sich mit allen Stimmen dagegen aussprechen.