Sechs Pfennige pro Exemplar? Nein! Unmöglich! - Originalbriefe Karl Mays in Prag

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Zehn Tage lang werden seit Donnerstag Originalbriefe des weltweit populären deutschen Autors Karl May in Prag ausgestellt. Sie belegen Mays Kontakte mit seinem tschechischen Verleger und sind im Rahmen der Ausstellung „Auf den Spuren von Karl May“ im Náprstek-Museum, einer Abteilung des Nationalmuseums in Prag zu sehen.

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Bei den Briefen, die Karl May geschrieben hat und die zurzeit im Náprstek-Museum gezeigt werden, handelt es sich um eine Auswahl aus dem Archivmaterial, das im Museum der Tschechischen Literatur in Prag aufbewahrt wird. Der Archivleiter Tomáš Pavlíček stellt die Sammlung vor:

„Es handelt sich überwiegend um seine Korrespondenz mit dem Verleger Josef Richard Vilímek. Er war der bedeutendste und der erste große Verleger Karl Mays hierzulande. Es sind Briefe aus den Jahren 1898 – 1908.“

Aufgrund der Briefe lässt sich vermuten, dass es bereits vorher Kontakte und Korrespondenz zwischen dem Autor und dem Verleger in Prag gegeben haben musste. Die ersten Briefe sind allerdings verloren gegangen.

„Bekannt ist, dass die ersten Geschichten Mays Mitte der 1890er Jahre auf Tschechisch erschienen sind. Es waren die Romane „Der Sohn des Bärenjägers“ und „Der Geist des Llano Estacado“. Dabei handelte es sich um Zeitschriftenausgaben. Daran knüpften in den Jahren 1895 und 1896 zwei Buchausgaben an. Und eben in jener Zeit standen May und Vilímek höchstwahrscheinlich bereits in Kontakt.“

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Tomáš Pavlíček charakterisiert den Inhalt der Briefe:

„Es geht praktisch ausschließlich um die Autorisierung, um Honorare, also um die gängigen Dinge zwischen einem Verleger und seinem bedeutenden Autor.“

Ein Auszug aus einem der Briefe ermöglicht es, sich ein Bild von der Korrespondenz zu machen. Karl May schrieb am 21. September 1900 aus Weimar:

„Sie wollen Winnetou herausgeben – auch 300 Mark pro Band. Verehrtester, nachdem der Erfolg mit den ersten sechs Bänden, den Sie ja machen wollten, so außerordentlich gelungen ist, dass er die Aufmerksamkeit und den Neid anderer Verleger erregt, ist das Verhältnis doch ein anderes geworden. Winnetou ist das Hauptwerk dieser Serie und wird viel, viel mehr gekauft werden als die ersten Bände, für welche Sie mir ein Honorar von 6 Pf. pro Exemplar gezahlt haben. … Wollen Sie, die Verlagsbuchhandlung Vilimek in Prag, in meiner demnächst erscheinenden Biographie mit ‚sechs Pfennig pro Exemplar’ aufgeführt werden? Nein! Unmöglich!“

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Auch zwei Schriftstücke, die erst jüngst im Prager Literaturarchiv entdeckt wurden, sind zu sehen: eine Postkarte an Vilímek aus dem Jahr 1899, auf der Karl May als sein Romanheld Kara Ben Nemsi abgebildet ist, sowie ein Brief Mays an den Chefredakteur der Leipziger Zeitschrift „Wächter“. Im Prager Literaturarchiv befindet sich noch eine weitere Spur zu Karl May, die seine Kontakte mit Böhmen belegt, ergänzt Tomáš Pavlíček:

„Dabei handelt es sich um eine Serie von Ansichtskarten, die Karl May von seiner Reise durch den Orient an die Redaktion des ‚Prager Tagblattes’ schickte. Es ist sozusagen ein Reisebericht. Die Ansichtskarten wurden aus Ceylon auf einmal abgeschickt. Wie er selbst schreibt, handelt es sich um seinen Dank für den netten Empfang in der Redaktion. Er hat im Herbst 1898 Prag besucht. Bei diesem Anlass verhandelte er mit J. R. Vilímek über die tschechischen Ausgaben seiner Werke, aber besuchte auch die Redaktion des ‚Prager Tagblatts’ und traf sich mit Redakteuren dieser Zeitung.“

Anlässlich der Ausstellung wird auch eine Edition der Briefe mit ergänzender Betrachtung herausgegeben. „Sechs Pfennige pro Exemplar? Nein! Unmöglich!“ heißt die Veröffentlichung und ist auf Tschechisch und Deutsch erhältlich.