Senatswahlen 2002

Senat

Stichwort: Superwahljahr 2002. Nach den Juniwahlen zum Abgeordnetenhaus werden nun die tschechischen Wähler erneut an die Wahlurnen gebeten, und zwar gleich zweimal innerhalb einer Woche. Am kommenden Wochenende findet die erste Runde der Wahlen für ein Drittel des Senats statt, der eine Woche später die zweite Runde der Senatswahlen folgen wird. Zum selben Zeitpunkt, also am 1. und 2.November, werden dann landesweit auch die Kommunalwahlen ausgetragen. Mehr über die Senatswahlen erfahren Sie von Jitka Mladkova:

Die Entstehung des Senats, der zweiten Kammer des tschechischen Parlaments, wurde bereits in der im Jahr 1992, also kurz vor der Teilung der Tschechoslowakei, ausgearbeiteten Verfassung der Tschechischen Republik verankert. Zu seiner tatsächlichen Errichtung im Moment der Entstehung der neuen Republik am 1.Januar 1993 kam es aber nicht. Für die faktische Konstituierung der zweiten Kammer des Parlaments mangelte es am politischen Willen, die Notwendigkeit ihrer Existenz wurde in Zweifel gezogen. Die ersten Senatswahlen fanden erst im Jahr 1996 statt, und seitdem alle zwei Jahre für jeweils ein Drittel der insgesamt 81 Senatssessel. Hat sich die Position dieses ungewollten Kindes der tschechischen Politstrukturen in den zurückliegenden sechs Jahren verändert? Diese Frage stellten wir Rudolf Kucera, Politologe und Dozent an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Prager Karlsuniversität:

"Ich denke, seine Position hat sich in einem gewissen Maße verstärkt. Es zeigte sich nämlich, dass der Senat in bestimmten Angelegenheiten die vorgesehene Funktion einer Versicherung gegen zu radikale Eingriffe in die Verfassung tatsächlich auch erfüllt hat".

Diese Tatsache dürfte sich auch in einem größeren Interesse der Wähler am Senat niederschlagen, was wiederum zu einer etwas höheren Wahlbeteiligung führen könnte, meint Kucera. Die Senatorenschaft wird durch die bevorstehende Wahl zu einem Drittel ausgetauscht. Wie kann sich dadurch die gesamte Verteilung der politischen Kräfte in diesem gesetzgebenden Organ verändern? Rudolf Kucera dazu:

quot;Momentan geht es darum, dass sich die Ergebnisse dieser Senatswahlen stark auf die bevorstehende Präsidentenwahl auswirken werden. Darin ist ihre außerordentliche Bedeutung zu sehen. Im jetzigen Senat verfügen die Christdemokraten und die liberale Freiheitsunion, die seinerzeit noch mit zwei anderen Parteien als sogenannte "Viererkoalition" in den Senat eingezogen waren, über eine Mehrheit und durften deshalb auch den Posten des Senatsvorsitzenden besetzen. Nun geht es darum, ob dies so bleibt oder sich verändert, und alles deutet darauf hin, dass es zu Veränderungen kommen wird."

Welche der Parteien bei der Wahl am meisten zulegen wird, weiß niemand. Sollte das Resultat ähnlich wie bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus sein, dann ist eher die Schwächung der Position für die erwähnte "Koalition" zugunsten der Sozialdemokraten zu erwarten. Nicht ohne Chancen sind auch die Bürgerlichen Demokraten, ODS, von Vaclav Klaus, der selbst als Präsidentschaftskandidat von seiner Partei nominiert wurde. Die erste Runde der Präsidentenwahl findet laut Verfassung eben im Senat statt, erst ganz am Ende wählen beide Parlamentskammern gemeinsam.

"So wie es heute aussieht, ist eine Stärkung der Position der Sozialdemokraten im Senat zu erwarten. Und diese verfügen bereits über eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus und hätten dann natürlich auch starken Einfluss auf die Wahl des künftigen Staatspräsidenten."

Der Kampf um den Präsidenten hat bereits begonnen. Nach der Senatswahl wird er unter Umständen auf Hochtouren laufen.