Serie „#martyisdead“ holt ersten Emmy für eine tschechische Produktion
Der Online-Serie „#martyisdead“ wurde am Montag ein Emmy verliehen. Damit ist sie die erste tschechische Produktion überhaupt, die den internationalen Fernsehpreis gewinnt. Und eine Fortsetzung ist bereits in Planung.
Die Freude ist groß und ein Eintrag in die Annalen der Fernsehgeschichte Tschechiens gewiss. „#martyisdead“ von Regisseur Pavel Soukup bekam den Emmy in der Kategorie Kurzserie. Acht Teile hat der Thriller zum Thema Cybermobbing, an dessen Anfang der mysteriöse Tod eines 15-Jährigen steht. Die Recherchen seines Vaters ergeben, dass Marty private Videos im Netz veröffentlicht hat und von einem unbekannten Mädchen erpresst wurde.
Ausgestrahlt und mitfinanziert wurde „#martyisdead“ über den kommerziellen Internetsender Mall.tv. Auf dieser Plattform war am Montag auch die Preisverleihung zu sehen. Der Emmy, der allgemein als Fernseh-Oscar bezeichnet wird, ist der bedeutendste US-amerikanische Preis für TV-Produktionen. Er wurde 1949 eingeführt und bewertet mittlerweile alle erdenklichen TV-Bereiche, die zu unterschiedlichen Terminen im Jahr ausgezeichnet werden.
Zum 48. Mal fand am Montag die Verleihung für internationale, also nicht-amerikanische Produktionen statt. Die Auswahl trifft die International Academy of Television Arts & Sciences (International Fernsehakademie für Kunst und Wissenschaft) mit Sitz in New York. Die International Emmy Awards wurden in insgesamt elf Kategorien vergeben. Mit vier Trophäen war Großbritannien dieses Jahr das erfolgreichste Land. Die Macher von „#martyisdead“ feierten ihren Erfolg bei der Direktübertragung der Zeremonie in einem Prager Kino.
Er wisse gar nicht, was er sagen solle, und danke allen, die das ermöglicht hätten, so der glückliche Produzent Milan Kuchynka. Nachdem sich die Euphorie etwas gesetzt hatte, sagte er am Dienstagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Ich bin wirklich überrascht, denn die Konkurrenz war riesig. Allein die Nominierung war super. Und wir können immer noch nicht glauben, dass es wirklich geklappt hat. Das ist fantastisch, auch für die ganze Tschechische Republik.“
Das Drehbuch hatten ihm die Autoren Jaroslav Miška und Jan Stehlík angeboten. Sie haben den Plot gemeinsam mit Experten für Cybersicherheit ausgearbeitet. Er zeigt Marty (Jakub Nemčok) zunächst als unauffälligen Teenager. Ihm werden die Schattenseiten der sozialen Netzwerke mehr und mehr zum Verhängnis und kosten ihn letztlich das Leben.
In Zeiten der allgemeinen Digitalisierung und durch Corona erzwungenen Online-Kommunikation könnte die Serie aktueller kaum sein. Laut Produzent Kuchynka sollte das Thema Cybermobbing und Sicherheit im Internet jeden interessieren, der Kinder hat:
„Mein Produzentenkollege Vráťa Šlajer und ich, wir sind Anfang Vierzig und haben mehrere Kinder. Dadurch betrifft uns das auch. Wir wollten etwas zum Thema beitragen.“
Auf den Webseiten zu „#martyisdead“ werden zusätzliches Informationsmaterial zum Thema Cybermobbing sowie Verhaltensregeln für die Nutzung von sozialen Medien angeboten. Und auch mit seinem Nachfolgeprojekt will Kuchynka an der Problematik dranbleiben. Mit dem selben Team bereitet er die Fortsetzung der Serie vor. Sie wird „Anna Is Missing“ (Anna wird vermisst) heißen:
„Diesmal wird es nicht um Cyberschikane gehen, sondern um verlorene und verschwundene Kinder. Dabei werden Prostitution und Entführung von Kindern thematisiert. ‚Marty‘ ist dafür der Ausgangspunkt, und ‚Anna‘ wird eine lose Weiterführung der Geschichte sein. Mit ihr begeben wir uns in einen etwas anderen Problembereich unserer heutigen Welt.“
Die Ausstrahlung ist für das nächste Frühjahr angesetzt.