Slowakische Eishockeycracks fühlten sich ungerecht behandelt
Am Mittwoch trafen die Eishockey-Nationalmannschaften der Tschechischen Republik und der Slowakei beim gerade in Moskau stattfindenden Baltica Cup aufeinander. Die erstmalige Teilnahme der Slowaken an diesem Traditionsturnier ist eine Verbeugung vor dem kleinen Tatra-Land für den sensationellen Titelgewinn bei der diesjährigen WM in Schweden. Und sie drückt auch aus, dass die slowakischen Eishockeyspieler wesentlich länger brauchten, um internationale Anerkennung zu finden, als ihre tschechischen Kollegen. Lothar Martin hat die Situation, wie sie nach der Teilung der Tschechoslowakei in dieser Sportart für beide Länder unterschiedlicher nicht sein konnte, für Sie beleuchtet.
"Ganz sicher erinnern sich noch alle an die Ungerechtigkeit, als nach der Teilung der Föderation das tschechische Eishockey bei der A-WM verblieb, während die slowakische Auswahl in die niedrigste Kategorie des Championats abrutschte." Diese Zeilen schrieb das slowakische Blatt "Nový cas" im Mai 2000, kurz nachdem sich die Nationalmannschaften Tschechiens und der Slowakei in ihrem bislang bedeutendsten Duell gegenüber gestanden hatten: dem WM-Finale in St. Petersburg, in dem die tschechischen Cracks mit 5:3 die Oberhaupt behielten. Sicher ein vollkommen neues Gefühl für die Kufenflitzer diesseits und jenseits der Beskiden, die zuvor über 40 Jahre lang gemeinsam antraten und dabei nicht weniger als sechs WM-Titel gewannen.
Einer, der sich in den Gepflogenheiten des tschechischen und slowakischen Eishockey bestens auskennt ist Milos Ríha (44), der tschechische Trainer des HC IPB Pardubice und Ex-Coach des HC Slovan HARVARD Bratislava, mit dem er letzte Saison slowakischer Meister wurde. "Also, ganz sicher haben sich die Slowaken ungerecht behandelt gefühlt, denn sie mussten wieder ganz untern anfangen, während wir oben bleiben durften. Danach ist die Qualität des slowakischen Eishockeys zunächst zurückgegangen und das war sicher nicht angenehm. Aber die Slowaken haben eine ungeheure Hochachtung vor uns als Eishockeynation."
Ríha weiß, wovon er spricht. Denn als er 2001 in die Slowakei ging, um dort das Team von Slovan Bratislava zu trainieren, hatte die Tschechische Republik bereits vier Weltmeistertitel und den unvergessenen Olympiasieg von 1998 in Nagano gewonnen. In diesem Jahr aber stand die Slowakei ganz oben auf dem WM-Podest - ein Riesenerfolg, der das ganze Land in Euphorie und Trance versetzte. Milos Ríha hat es uns geschildert: "Das war in der Tat ein phantastischer Erfolg für die gesamte Slowakei. Die Slowaken sind ein sehr stolzes Volk und wenn sie etwas zu feiern haben, dann feiern sie richtig. Es war wirklich unvorstellbar, was sich dort nach dem WM-Sieg abgespielt hat. Die Menschen sind eine Woche lang nicht zur Arbeit gegangen, sie haben den Triumph förmlich ausgelebt, und einige leben ihn heute noch aus. Die Spieler, die den Titel errungen haben, werden vergöttert und entsprechend abgöttisch wurde auch gefeiert."
Nach ihrem WM-Sieg erhoffen sich die Slowaken nun auch die entsprechende Anerkennung. Die Einladung zum Baltica Cup ist da ein erster Schritt. Gern hätten sie jedoch wieder mit den Tschechen in einer Liga gespielt. Doch da die besten slowakischen Cracks alle im Ausland spielen, hält nicht nur Milos Ríha die Zeit dafür noch nicht gekommen: "Also ich denke, die Zeit ist noch nicht reif dafür. Wir Tschechen sind mit dem Niveau unserer Liga zufrieden, aber die Qualität der slowakischen Mannschaften ist noch nicht sehr hoch. Höchstens ein bis zwei Teams könnten mit den tschechischen Clubs mithalten, und das ist auch für die Slowaken zu wenig. Wir Tschechen würden sie damit nur demoralisieren. Das wäre nicht gut und das wollen wir auch nicht, auf keinen Fall."