Sozialdemokraten und Kommunisten: Annäherung auf höchster Ebene

Jirí Paroubek (Foto: Zdenek Valis)
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Am Montagabend kam es in Prag zu einem nicht gerade alltäglichen Treffen. Hochrangige Vertreter der regierenden Sozialdemokraten und der oppositionellen Kommunisten berieten dabei über das weitere Schicksal der EU-Verfassung und die bevorstehende China-Reise des Premierministers. Gerald Schubert berichtet:

Wer von der berühmten Prager Karlsbrücke die Moldau abwärts blickt, kann hoch über dem linken Flussufer die Kramar-Villa erblicken. Das Gebäude gehört der tschechischen Regierung und ist eigentlich als Wohnsitz für den Premierminister vorgesehen. Der derzeitige Amtsinhaber Jirí Paroubek blieb jedoch, ebenso wie sein Vorgänger Stanislav Gross, lieber in seiner alten Wohnung. Und so dient die Kramar-Villa unter anderem als Schauplatz gelegentlicher Treffen der Koalitionsspitzen.

Am Montag aber war der Chef der Kommunistischen Partei (KSCM), Mirolsav Grebenícek, dort zu Gast. Mit dem sozialdemokratischen Premierminister Jirí Paroubek sowie mit dem Chef der Sozialdemokratischen Partei (CSSD), Stanislav Gross, diskutierte er über die Frage, wie es in Tschechien mit der Ratifizierung der EU-Verfassung weitergehen soll.

Jirí Paroubek  (Foto: Zdenek Valis)
"Absolute Übereinstimmung herrscht darin, dass wir über diese Angelegenheit ein Referendum abhalten wollen", sagte Grebenicek nach dem Treffen.

Dass es zum Text des Verfassungsvertrages selbst teilweise unterschiedliche Ansichten gibt, stellt dabei kein Problem dar, meint Premier Jirí Paroubek:

"Wir haben über die Vorbereitungen für ein Referendum gesprochen, und darüber, wie ein entsprechendes Gesetz beschlossen werden könnte. Beide Parteien sind der Ansicht, dass eine Volksabstimmung der gerechteste Weg ist. Dass die Kommunisten dabei eine andere Meinung haben als wir Sozialdemokraten, das ist derzeit nicht entscheidend."

Die Frage, "wie ein entsprechendes Gesetz beschlossen werden könnte", die ist jedoch tatsächlich nicht so leicht zu beantworten. Denn die sozialliberale Regierungskoalition kann zwar nun auf die Unterstützung der Kommunisten rechnen und damit auf die notwendige Dreifünftelmehrheit im Abgeordnetenhaus. Für ein Referendum ist jedoch auch die Verfassungsmehrheit in der Oberen Parlamentskammer, dem Senat nötig. Und dort dominiert die ebenfalls oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS), die nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden eine weitere Ratifizierung der EU-Verfassung für sinnlos hält.

Außer Europa gab es in der Kramar-Villa noch ein anderes Thema: China. Premier Jirí Paroubek steht diese Woche eine mehrtägige Chinareise bevor, Kommunistenchef Grebenícek hat ihm daher von seinen China-Erfahrungen berichtet und im Anschluss der Vorbereitungsarbeit des Regierungschefs wörtlich eine "Eins mit Sternchen" gegeben. All das sieht vielleicht nach einem sozialdemokratisch-kommunistischen Kuschelkurs aus. Jedoch gilt immer noch ein Parteitagsbeschluss der CSSD, demzufolge eine Regierungszusammenarbeit mit der KSCM auf gesamtstaatlicher Ebene ausgeschlossen ist.