Spaltung Europas nach dem 11. September?

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Das Ende des Kalten Krieges veränderte die Welt, die militärischen Sicherheitsvorkehrungen der östlichen und westlichen Länder lockerten sich. Der 11. September 2001 hat diese nach 1989 gestartete Zeitetappe beendet. Es wurde die Gefahr des internationalen Terrorismus definiert. Über die Auswirkungen des 11. Septembers auf die transatlantischen Beziehungen sprach Martina Schneibergova mit dem Leiter des Internationalen politologischen Instituts der Masaryk-Universität in Brno, Bretislav Dancak.

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Die Terrorangriffe auf die USA haben Bretislav Dancak zufolge gezeigt, dass es notwendig ist, sich mit der Verteidigung und Sicherheit ernsthaft zu beschäftigen. Nach der ersten Solidaritätswelle mit den USA, die durch die schockierenden Angriffe in Europa erweckt wurde, waren allmählich bestimmte Unterschiede in den Reaktionen eines Teils Europas und der USA zu sehen. Der Politologe sieht den Grund der Unterschiede darin, dass sich die USA auf einmal in einer Lage befanden, die die US-amerikanischen Bürger Jahre lang nicht zu spüren bekamen.

"Diese so zu sagen ´ideale Sicherheit´ wurde auf einmal verletzt. Der Kalte Krieg bedeutete, dass die USA Verbündete in Europa hatten. Und man hatte angenommen, dass sich dort der eventuelle erste Zusammenstoß der Gegner abspielen würde. Auf einmal waren die USA einer direkten Gefahr ausgeliefert, und deswegen reagierten sie so rasant und entschieden. Die Europäer haben das Gefühl der idealen Sicherheit nicht erlebt, denn während des Kalten Kriegs waren beispielsweise gleich hinter der westdeutschen Grenze die Truppen des Feindes stationiert. Ich meine, dass dies der Grund war, warum Europa nach der ersten Solidaritätswelle ein wenig anders reagiert hatte: Die Europäer sind toleranter gegenüber bestimmten Gefährdungen als die USA."

In Europa herrschte außerdem dem Politologen zufolge lange noch die Überzeugung, dass die USA verpflichtet seien, die Sicherheitsinteressen des ganzen Westens zu verteidigen. Die Verteidigungsausgaben der USA seien, so der Experte, von Westeuropa für etwas Selbstverständliches gehalten worden. Aus dem Grund sei, so Bretislav Dancak, der Start des Kampfes gegen Terrorismus in Europa etwas langsamer gewesen. Dancak zufolge hat es sich gezeigt, dass die Entscheidung der USA, gegen den Terrorismus auf einigen Fronten zu kämpfen, nicht für alle Europäer vollständig akzeptabel war.

"Da wird der Unterschied zwischen den neueren NATO- beziehungsweise EU-Ländern und Ländern spürbar, die schon länger Mitglieder der NATO und der EU waren. Der NATO traten 1999 Staaten mit einer spezifischen historischen Erfahrung bei. Für sie stellte die NATO nicht nur ein politisches Organ, sondern eine militärpolitische Organisation dar, die ihnen solche Sicherheit garantieren sollte, die sie der westlichen Welt während des Kalten Kriegs garantiert hatte. Diese Staaten - Polen, Ungarn und Tschechien - brachten in die NATO etwas mit sich, was man die ´mitteleuropäische Erfahrung´ nennen kann."

Diese Haltung wurde von den anderen postkommunistischen Staaten gefördert, die 2004 NATO-Mitglieder wurden, meint Bretislav Dancak. Zu der Zeit sei es, so der Politologe, leider zur Irak-Krise gekommen und außerdem habe man an der EU-Verfassung gearbeitet. Der ganze Komplex von Problemen führte zu Spannungen und spaltete Europa unnötig in das so genannte "alte" und "neue" Europa.