Sponsoring alter Handschriften möglich

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Wenn man den zoologischen Garten in Prag besucht, bekommt man hie und da an einem Käfig ein Schild zu sehen, dem zu entnehmen ist, dass das jeweilige Tier von Herrn oder Frau Soundso bzw. von einer Firma gesponsert wird. Die Rede ist von der Tieradoption. Ein ähnliches Projekt hat man sich kürzlich in der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik in Prag einfallen lassen. Mehr erfahren Sie von Jitka Mladkova im folgenden Beitrag:

Liebhaber der Geschichte und Kunstgeschichte, die alte Handschriften bewundern und sich an der kostspieligen Anfertigung ihrer Kopien beteiligen möchten, können eine Art "Patenschaft" eingehen. Im Besitz der Nationalbibliothek in Prag befinden sich insgesamt über 10 000 Handschriften. Die kostbarsten von ihnen können nicht ausgestellt werden, da das Risiko einer Beschädigung nicht auszuschließen ist. Deshalb stehen sie nur Experten zur Verfügung. Damit aber auch die interessierte Öffentlichkeit nicht zu kurz kommt, will die Nationalbibliothek Kopien einiger Originale anfertigen lassen. Vorläufig warten zwölf mittelalterliche Handschriften auf einen "Paten". Es sollen aber keineswegs vollständige Kopien der Originale, sondern jeweils die Kopie einer Doppelseite entstehen. Warum nur in diesem Umfang? Auf diese Frage antwortete uns Dr. Zdenek Uhlir von der Abteilung "Alte Handschriften" an der Prager Nationalbibliothek:

"Die Anfertigung einer Kopie ist eine recht kostspielige Angelegenheit und im Budget unserer Bibliothek mangelt es für so etwas an Finanzmitteln. Von Zeit zu Zeit bekommen wir ein bisschen Geld, aber dass kann den Bedarf nicht decken. Dann bleibt also nur das Sponsoring als letzte Chance, um an Geld zu kommen."

 Zdenek Uhlír  (Foto: Jana Sustova)
Zdenek Uhlir zufolge kostet die Kopie einer Doppelseite zwischen 100 000 und 400 000 Kronen, umgerechnet zwischen 3,3 und 13 000 Euro. Im Frühjahr dieses Jahres hat die Nationalbibliothek einen Teil der so genannten Dalimil-Chronik in einer Auktion in Paris für 10 Millionen Kronen erworben. Dieses Ereignis weckte große Aufmerksamkeit in der tschechischen Gesellschaft, was die Nationalbibliothek nun in ihrem neuen Projekt zu nutzen versucht. Ob es auf eine positive Resonanz von Einzelpersonen oder eher Firmen stoßen wird, sieht Zdenek Uhlir so:

"Ich würde sagen, dass es hierzulande auch Einzelpersonen gibt, die es sich ab und zu leisten könnten, eine Summe von mehreren hunderttausend Kronen zu spenden. In Tschechien ist aber bekanntlich die Sphäre des Reichtums erst im Entstehen begriffen. Einzelpersonen bauen ihre Privatvillen, kaufen sich teure Autos usw. Ihr Interesse etwas im Kunstbereich zu sponsern wird vielleicht in mehreren Generationen wachsen müssen."

Die geplanten Faksimiles sind für Ausstellungszwecke und damit auch für die Popularisierung des kostbaren Erbes der alten Zeiten vorgesehen. Sie stellen dann detailgetreue Nachahmungen der Originale dar, die für einen Laien von den Originalen kaum zu unterscheiden sind. Auch aus den Kopien atmet der Geist der Geschichte, behauptet Zdenek Uhlir. Auf die Veröffentlichung des Sponsoringprojektes im Internet vor zwei Monaten hat bereits eine Firma reagiert, und das bezeichnet er als Erfolg.