„Staat plant schlecht“ – Ökologen halten Autobahnbau in Tschechien für teuer

Autobahn D8

Bereits vor einem halben Jahr hatte das oberste staatliche Wirtschaftsprüfungsamt bemängelt, dass einige Abschnitte der tschechischen Autobahn D8 in Richtung Dresden zu teuer gebaut wurden. Am Mittwoch haben Umweltschützer nachgelegt und behauptet, dass der Bau von Autobahnen in Tschechien allgemein zu teuer sei. Und das trotz anders lautender Studien des Verkehrsministeriums und der Straßenbaudirektion.

„Bei uns in Tschechien liegen schon die Angebotspreise in den Ausschreibungen zum Autobahnbau über denen zum Beispiel von Slowenien, wo ähnliche wirtschaftliche Bedingungen herrschen wie bei uns. Sie liegen um 37 Prozent höher“, sagt Martin Kameník von der Umweltorganisation „Oživení“ (Belebung).

Grund sei die geringe Konkurrenz auf dem tschechischen Markt, die Baufirmen seien kartellartig miteinander verflochten und würden deswegen die Preise nach oben treiben. Verkehrsministerium und Straßenbaudirektion verweisen jedoch auf mehrere Studien und Untersuchungen, die das Gegenteil behaupten. Der Autobahnbau in Tschechien koste weniger als im EU-Durchschnitt. Monika Vápeníková, Sprecherin der Straßenbaudirektion:

„Wir stützen uns auf Studien der Fakultät für Verkehrswesen an der Technischen Hochschule in Prag, der Firma IBR Consulting, des tschechischen Statistikamtes und des europäischen Statistikamtes Eurostat. Und die sagen übereinstimmend, dass der Preis je Einheit beim Bau tschechischer Autobahnen nur Dreiviertel des europäischen Durchschnitts beträgt.“

In absoluten Zahlen ausgedrückt kostet ein Kilometer Autobahn in Tschechien je nach Aufwand zwischen 180 Millionen Kronen und 340 Millionen Kronen (zwischen 7,2 Millionen und 13,6 Millionen Euro).

„Oživení“ allerdings hat zusammen mit dem Dachverband „Ekologický právní servis“ (Ökologischen Rechtsservice) die Studien von Verkehrsministerium und Straßenbaudirektion zu den Straßenbaukosten genauer analysiert. Das Ergebnis: Zum Teil wurden Äpfel mit Birnen verglichen – beispielsweise Flachstücke der tschechischen Autobahn D 11 von Prag nach Hradec Králové / Königgrätz mit Teilen österreichischer Autobahnen, die Brücken beinhalten. In Wirklichkeit lägen daher die Kosten höher. Und das nicht nur wegen der geringen Konkurrenz im Land. Laut Meinung der Umweltschützer zieht der Staat nur selten andere Varianten für die Streckenführung von Autobahnen in Erwägung.

„Das ist die Folge der schlechten Planung des Staates. Es führt dazu, dass sich die Bauzeit verlängert, Bürger und Gerichte erheben Einspruch und das treibt wiederum den Preis in die Höhe“, fügte am Mittwoch Tomáš Kramár, der Vorsitzende von „Oživení“ an.

Der extremste Fall sei dabei die D8 in Richtung Dresden. Dort hat das Prager Stadtgericht im Mai nach Klagen von Umweltschützern die Baugenehmigung für den letzten fertig zu stellenden Abschnitt einkassiert. Der Streit um diese wichtige Autobahnverbindung nach Deutschland dauert bereits über zehn Jahre. Und der Streit um die Baukosten? Er kommt gerade erst in Gang. Kramár hat nun mit einem Kollegen vom Ökologischen Rechtsservice einen offenen Brief an die Mitglieder des tschechischen Abgeordnetenhauses geschickt und sie unter anderem aufgefordert, einen strategischen Plan zur Verkehrsinfrastruktur zu erstellen. Aber auch auf der anderen Seite gibt es bereits Ansätze zur Annäherung. Die Fakultät für Verkehrswesen an der Technischen Hochschule in Prag hat den Vorschlag gemacht, dass ein Richtwert für die Kosten des Autobahnbaus eingeführt werden sollte. Dies soll dem tschechischen Verkehrsministerium in Zukunft bei der Planung helfen.

Autor: Till Janzer
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