„Stolzer Präsident“ oder „Trojanisches Pferd Putins“? Reaktionen aus Prag zur Wahl in der Slowakei

Peter Pellegrini

Mit 53 Prozent wurde in der Stichwahl am Samstag Peter Pellegrini (Hlas) zum Präsidenten der Slowakei gewählt. Er ist auf Kurs mit Robert Fico (Smer), dem russlandfreundlichen Premier des Landes. Wie blicken die Politiker in Tschechien auf den Nachfolger von Präsidentin Zuzana Čaputová?

Die Beziehungen zwischen Prag und Bratislava sind derzeit alles andere als rosig. Da die slowakische Regierung von Premier Robert Fico Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt und an ihrem russlandfreundlichen Kurs festhält, hat das tschechische Kabinett jüngst beschlossen, die bilateralen Regierungstreffen bis auf Weiteres auszusetzen.

Mit dem Wahlergebnis von Samstag werden die Beziehungen nun auf eine weitere Probe gestellt. Denn in der Stichwahl wurde mit 53 Prozent der Stimmen Peter Pellegrini zum neuen Präsidenten der Slowakei gewählt. Pellegrini gilt als Fico-nah, unter anderem ist er Vorsitzender der mitregierenden Partei Hlas. Hinsichtlich des Krieges in der Ukraine hatte Pellegrini im Vorfeld der Wahlen immer wieder vor seinem Kontrahenten Ivan Korčok gewarnt. Dieser würde das Land in den Krieg mit Russland hineinziehen, so Pellegrini. Und Beobachtern zufolge ist es wohl auch genau diese Friedensrhetorik gewesen, die ihm am Samstag zum Sieg verholfen hat.

Wie blicken nun die Politiker in Tschechien auf das Wahlergebnis? Staatspräsident Petr Pavel gratulierte Pellegrini formell zum Sieg und lud ihn zu einem Besuch in sein Land ein. Dem öffentlich-rechtlichen slowakischen Sender RTVS sagte Pellegrini dann auch, seine erste Reise nach der Amtseinführung werde in die Tschechische Republik führen – so wie es die Tradition will. Petr Pavel ließ am Rande seines Besuchs in Ruanda am Sonntag aber auch durchschimmern, dass er sich eigentlich einen anderen Amtskollegen gewünscht hätte:

Robert Fico  (links) und Peter Pellegrini | Foto: Václav Šálek,  ČTK

„Die slowakischen Wähler haben entschieden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diese souveräne Entscheidung zu akzeptieren, dem Wahlsieger zu gratulieren und die Hoffnung zu äußern, dass die hervorragenden Beziehungen auf Präsidentenebene, die derzeit mit Zuzana Čaputová bestehen, fortgeführt werden. Ich für meinen Teil werde dafür mein Bestes geben.“

Zudem wiederholte Pavel seine Auffassung, der zufolge es verständlich sei, dass die tschechische Regierung die bilateralen Treffen mit den Kollegen in der Slowakei vorerst ausgesetzt hat.

Einer der ersten, der Pellegrini in der Nacht auf Sonntag zum Wahlsieg gratulierte, war Ano-Parteichef Andrej Babiš. Die Slowaken hätten die richtige Wahl getroffen und sich für einen „stolzen Präsidenten“ entschieden, so der ehemalige Premier Tschechiens im Netzwerk X. Der stellvertretende Ano-Vorsitzende Karel Havlíček äußerte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks Zweifel, dass sich das bilaterale Verhältnis demnächst bessern könnte:

Karel Havlíček | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Ich verstehe die Kommentare einiger Politiker der tschechischen Regierungskoalition nicht, die behaupten, Peter Pellegrini sei ein prorussischer Politiker, ja sogar ein ‚Trojanisches Pferd Putins‘. Eine Besserung wird wohl erst eintreten, wenn die Partei Ano wieder regieren wird.“

Havlíček reagierte damit auf einen Post von Jiří Pospíšil von der regierenden Partei Top 09 im Netzwerk X. Dieser hatte geschrieben, die Wahlen hätten gezeigt, dass die Slowakei „nach und nach ein Trojanisches Pferd Putins in der EU wird und den Weg Ungarns einschlägt“. Pospíšils Parteikollege Marek Ženíšek stimmt dieser Ansicht zu – und meint, dass eine Besserung der bilateralen Beziehungen von Bratislava ausgehen müsse:

„Der neugewählte Präsident hat Tschechien in seiner Kampagne immer wieder als abschreckendes Beispiel genannt. Wenn wir uns das einmal vor Augen führen, denke ich nicht, dass es nun zu einer relevanten Verbesserung der Lage kommen kann.“

Marek Ženíšek | Foto: ČT24

Zudem betont Ženíšek, dass die Unterbrechung der Beratungen auf Regierungsebene kein Ende sämtlicher Kooperationen bedeute und man etwa in der Visegrád-Gruppe, zu der auch Ungarn und Polen gehören, weiter zusammenarbeiten werde.

Die übrigen Politiker des Regierungslagers in Tschechien zeigten sich – zumindest nach außen – überwiegend optimistisch, was die Wahl Pellegrinis angeht. Er glaube, dass der neue Präsident eine Garantie für die Mitgliedschaft der Slowakei in der Nato und der EU sei, teilte etwa Außenminister Jan Lipavský (Piraten) mit. Und ähnlich äußerte sich auch Europaminister Martin Dvořák (Stan):

Martin Dvořák | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Ich denke, dass nun zumindest eine teilweise Beruhigung der innenpolitischen Situation in der Slowakei und auch in der Rhetorik nach Außen erfolgen könnte. Diese ist derzeit nämlich vor allem im Hinblick auf die Ukraine und Russland sehr gefährlich.“

Ob dem tatsächlich so sein wird, das wird sich nach dem 15. Juni zeigen, wenn Peter Pellegrini ins Amt eingeführt wird. Bei der Pressekonferenz nach seiner Wahl machte er in der Nacht auf Sonntag bereits klar, dass er sich der Regierung von Robert Fico nicht in den Weg stellen werde. Umstrittene Gesetzesvorschläge, wie die geplante Justizreform und die angedachte Verstaatlichung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt RTVS, könnten so noch schneller als bisher angenommen realisiert werden.

Autoren: Ferdinand Hauser , Vít Andrle , Jiří Kordík
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