Aus für bilaterale Regierungstreffen: Tschechisch-slowakische Freundschaft bröckelt

Jan Lipavský und Petr Fiala

Tschechien und die Slowakei sind eigentlich ziemlich beste Freunde. Nun hat der tschechische Premier, Petr Fiala (Bürgerdemokraten), aber angekündigt, die bilateralen Gespräche auf Regierungsebene für unbestimmte Zeit auszusetzen. Zu konträr seien die Ansichten des Kabinetts von Robert Fico zum Krieg in der Ukraine.

Die Beziehungen zwischen Tschechien und der Slowakei sind traditionell eigentlich sehr eng. Doch derzeit bröckelt die Freundschaft von Prag und Bratislava gewaltig.

Petr Fiala | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Es gibt Aktivitäten, die wir für problematisch halten – etwa das Treffen des slowakischen Außenministers mit seinem Amtskollegen aus der Russischen Föderation“, sagte Premier Petr Fiala am Mittwoch. Er verwies auf das Treffen von Juraj Blanár und Sergei Lawrow vergangene Woche in der Türkei. Hinzu käme, dass Ministerpräsident Fico wiederholt behauptet hatte, die Strategie des Westens hinsichtlich des Krieges in der Ukraine würde nicht funktionieren. Selbst lehnt der slowakische Premier nämlich Waffenlieferungen ab, während Tschechien zum Beispiel ganz Europa mobilisiert, um Geld für Artilleriemunition für die Ukraine zu sammeln.

Wegen der Differenzen hat Fialas Regierung am Mittwoch beschlossen, die bilateralen Verhandlungen mit Bratislava auf Regierungsebene vorerst auszusetzen. Regelmäßige Treffen zwischen den beiden Kabinetten gab es seit 2012. Die nächste Sitzung wäre eigentlich für April geplant gewesen, wobei zum ersten Mal Fialas Kabinett mit der neuen slowakischen Regierung unter Fico zusammengekommen wäre.

Jan Lipavský | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Dass man sich derzeit nicht mehr mit der slowakischen Führung an einen Tisch setzen könne, findet auch Tschechiens Außenminister Jan Lipavský (Piraten): „Die unterschiedlichen Ansichten in entscheidenden außenpolitischen Fragen können uns nicht kalt lassen“, sagte er.

Der slowakische Ministerpräsident Fico ließ nicht lange mit einer Reaktion auf sich warten. In einem Facebook-Video sagte er:

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die tschechische Regierungsgarnitur dazu entschlossen hat, unsere Beziehungen nur deshalb in Gefahr zu bringen, weil sie den Krieg in der Ukraine befeuern will, während die Slowakei über einen Frieden verhandelt. Ihre Entscheidung wird unsere souveräne, slowakische Außenpolitik nicht beeinflussen.“

Robert Fico in Prag | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Der Vorsitzende der stärksten slowakischen Oppositionspartei Progresivní Slovensko, Michal Šimečka, teilte mit, es handele sich um den schlimmsten Moment seit dem Zerfall der Tschechoslowakei. Und auch Präsidentin Zuzana Čaputová zeigte sich bedrückt und bekräftigte, sie selbst werde alles dafür unternehmen, die Zusammenarbeit zwischen den Ländern wieder zu stärken.

Tschechiens Außenminister Lipavský zufolge wird die bilaterale Kooperation auf der Ebene der einzelnen Ressorts vorerst fortgesetzt. Zudem werde es weiterhin zu Begegnungen von Ministern im Rahmen der Visegrád-Gruppe kommen, hieß es. Zu der gehören neben Tschechien und der Slowakei auch Ungarn und Polen.

Autoren: Ferdinand Hauser , Kateřina Bečková
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