Studie belegt häufige sexuelle Belästigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln Tschechiens
Jede dritte Frau und jeder zehnte Mann in Tschechien hat schon einmal sexuelle Belästigung in öffentlichen Verkehrsmitteln erlebt. Dies ergab eine Studie des Regierungsamtes.
An der Untersuchung der Abteilung für Gendergleichheit haben im April und Mai dieses Jahres über 1000 Personen teilgenommen. Allein eine Grenze zu definieren, ab wann ein Vorfall als sexuelle Belästigung gilt, hängt oft vom persönlichen Empfinden ab. In der Studie ist zum einen von leichteren Fällen die Rede, wie etwa starrende Blicke, übergriffige Zurufe und Anspielungen oder auch Luftküsse. Ein Drittel aller Teilnehmenden gab an, etwas in dieser Art wiederholt bei Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln zu erleben.
Zum anderen wurden schwerere Übergriffe thematisiert, bei denen es zu nicht einvernehmlichem Körperkontakt kommt, jemand gewaltsam in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird oder ein Täter sein Opfer zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse zwingt. Die Studie zeigt, dass eher Männer in der Lage sind, solche Versuche aktiv abzuwehren. Frauen setzen sich hingegen zumeist um oder gehen in einen anderen Waggon. 25 Prozent der weiblichen Fahrgäste fühlen sich demnach in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht sicher.
Erkenntnisse gibt es auch zu den Reaktionen der Mitfahrenden. Die Studie geht davon aus, dass jeder Vierte schon einmal Zeuge von sexuellen Übergriffen in der Öffentlichkeit geworden ist. Viele würden in dieser Situation nicht wissen, wie sie den Opfern helfen können und blieben deshalb untätig, sagt Radan Šafařík von der Gender-Abteilung des Regierungsamtes:
„Teilweise liegt dies auch daran, dass die Menschen die sexuelle Belästigung oft als nicht so schwerwiegend beurteilen, dass sie einschreiten müssten. Häufig sagten die Befragten aber auch, dass sie nicht wüssten, wie sie reagieren sollen, wenn es um ernste Fälle geht.“
Zur Erhöhung der Sicherheit in öffentlichen Verkehrsmitteln schlägt der Bericht etwa einen Notrufknopf vor, der den Fahrzeugführer alarmiert. Zumindest in modernen Straßenbahnzügen gibt es solche Vorrichtungen jedoch bereits. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer würde außerdem mehr Polizeipräsenz begrüßen, und dies vor allem in den Abend- und Nachtstunden. Zudem werden spezielle Schulungen von Fahrzeugführern und -begleitern gefordert, damit diese auf sexuelle Übergriffe angemessen reagieren können.
Inspiration zur Lösung des Problems lässt sich auch im Ausland finden. Der Bericht führt Beispiele aus Paris oder Toronto an, wo ein Ausstieg in den Nachtstunden auch auf der Strecke zwischen den Stationen möglich ist. Des Weiteren gibt es bereits Telefon-Apps, mit denen Fälle von sexuellen Übergriffen leicht gemeldet werden können.
Die Studie fließt nun in die Arbeit des Regierungsamtes ein, aber auch des Verkehrsministeriums. Zdeněk Jelínek ist Mitarbeiter des Ressorts:
„Die Erkenntnisse spiegeln sich in allen strategischen und grundlegenden politischen Dokumenten des Verkehrsministeriums wider. Dies sind etwa die Strategie zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch die zur Sicherheit im Straßenverkehr. Es betrifft also die gesamte Verkehrspolitik Tschechiens für die kommende Legislaturperiode.“
Konkrete Maßnahmen oder ein genauer Zeitplan sind allerdings noch nicht ausgearbeitet. Die betreffenden Institutionen halten es für wichtig, dass über das Thema nun zumindest öffentlich gesprochen und darauf hingewiesen wird, wie häufig es tatsächlich zu sexueller Belästigung kommt – und dies nicht nur in öffentlichen Verkehrsmitteln.