Studierende im Klimastreik: Tschechische Regierung zu aktiverer Umweltpolitik aufgerufen

Seit Montag wird an mehreren Universitäten in Tschechien für das Klima gestreikt. Die Studierenden werfen der Regierung vor, unzureichend auf die Klimakrise zu reagieren.

Foto: Václav Šálek,  ČTK

Die Studierenden in Tschechien haben sich ein symbolisches Datum für ihren Klimastreik ausgesucht: Denn am 17. November wird hierzulande nicht nur der Samtenen Revolution von 1989 gedacht. Es ist gleichzeitig der Internationale Studententag, der an die blutige Niederschlagung der Proteste gegen die deutschen Nationalsozialisten 1939 in Prag erinnert. Die Woche um dieses Datum herum steht dieses Jahr also ganz im Zeichen der Klimakrise. Organisiert wird der Streik von der Bewegung „Univerzity za klima“ (Universitäten für das Klima). Anežka Lindaurová ist eine der Sprecherinnen und sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Das Thema beschäftigt uns seit langem. Jetzt aber organisieren wir den Streik auf dem Boden der Universitäten. Einerseits, weil wir Studierende hier die meiste Zeit verbringen, und andererseits, weil wir uns in den Hochschulen auf die Zukunft vorbereiten. Wenn es schlecht um diese steht, dann verliert die Einrichtung ihren ursprünglichen Sinn. Darum bringen wir uns bei, wie man sich wirklich auf die Klimakrise vorbereitet, und wollen eine alternative Lehre entwickeln.“

Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Dafür wurden am Montag zahlreiche Fakultäten besetzt, und dies in Prag, Brno / Brünn, Olomouc / Olmütz, Ústí nad Labem / Aussig, Plzeň / Pilsen sowie Hradec Králové / Königgrätz. Dort finden in dieser Woche nun Diskussionsrunden, Workshops oder auch Filmvorführungen zum Thema Klima statt. Und weiter berichtet Lindaurová:

„Die Lehrveranstaltungen werden nicht grundsätzlich unterbrochen. Wir haben die Lehrenden und Unimitarbeiter vielmehr kontaktiert und aufgefordert, sich uns anzuschließen und gemeinsam mit uns Druck auf die Regierung auszuüben. Viele von ihnen haben darauf auch reagiert, sie setzen ihre Veranstaltungen entweder aus oder passen sie thematisch dem Streik an. Das heißt, dass sie die Seminare offen gestalten oder ökologische sowie soziale Themen besprechen, die mit der Klimakrise zusammenhängen.“

Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

An die Politik Tschechiens richte sich die Forderung, so schnell wie möglich die Treibhausgasemissionen zu senken…

„Wir haben konkrete Forderungen an die Regierung. Eine davon ist etwa der Ausstieg aus der Energiecharta, die es Öl- und Kohlekonzernen erlaubt, einzelne Staaten wegen ihrer Klimapolitik zu verklagen. Damit kommt das Abkommen den größten Umweltverschmutzern zugute.“

Eine weitere Forderung der Streikenden betrifft die Schaffung einer staatlichen Einrichtung oder gar eines Ministeriums für die Bekämpfung des Klimawandels. Außerdem sollen nach Ansicht der Studierenden bis 2033 die Kohlekraftwerke in Tschechien ihren Betrieb einstellen.

Foto: Mélie Toussaint,  Radio Prague International

Bildungsminister Vladimír Balaš (Stan) ließ am Montag auf eine entsprechende Frage von Journalisten verlauten, es sei nur gut, dass die Studierenden die Verantwortung für ihre Zukunft übernehmen würden. Und auch Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) gab sich kürzlich klimapolitisch ambitioniert. Auf dem derzeit in Ägypten stattfindenden UN-Klimagipfel COP 27 betonte er, dass Tschechien seine Klimaziele derzeit erfülle und weiter erfüllen werde. Dies würde aber noch lange nicht ausreichen, betont Lindaurová von „Univerzity za klima“:

„Die UN-Klimakonferenz ist nach Meinung vieler Experten unzureichend. Zudem nehmen an COP27 mehr als 630 Lobbyisten der Fossilindustrie teil. Unter dem Motto einer energetischen Unabhängigkeit werden dort Abkommen zwischen großen Ölproduzenten verabredet. Es ist bizarr, dass dies auf einer Konferenz geschieht, die das Ende von fossilen Brennstoffen beschließen soll.“

Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Der Klimastreik der Studierenden findet am Donnerstag seinen Höhepunkt mit einer Demonstration in der Prager Innenstadt. Diese steht – mit Bezug auf den staatlichen Feiertag – unter dem Motto „Vzpomínat nestačí!“ (Erinnern reicht nicht aus!). Dabei wollen die Protestierenden ihre Forderungen dem Regierungskabinett persönlich übergeben.