Synagoge in Žatec saniert und wiedereröffnet – dank Privatinitiative

Sie ist das zweitgrößte jüdische Baudenkmal in Tschechien. Die Synagoge im westböhmischen Žatec / Saaz war lange dem Verfall überlassen – bis ein Bewohner der Region sie kaufte und sanieren ließ. Seit Dienstag ist das Gebäude wieder öffentlich zugänglich.

Foto: Robin Rörich,  Tschechischer Rundfunk

In leuchtendem Gelb hebt sich die Fassade vom blauen Himmel ab. Die lange leerstehende Synagoge ist in den letzten Jahren erneut zu einem Schmuckstück der Stadt Žatec geworden. Und am Dienstagnachmittag öffnete sie erstmals wieder ihre Türen für die Öffentlichkeit.

Ermöglicht hat dies Daniel Černý, der im nahegelegenen Chomutov / Komotau lebt. Er hat die Synagoge und das benachbarte Rabbinerhaus 2012 in einer öffentlichen Auktion gekauft. Der Bürgermeister von Žatec, Radim Laibl (Partei Ano), drückte seine Anerkennung bei der feierlichen Wiedereröffnung am Dienstag so aus:

„Ich kann hier und heute sagen, dass Daniel Černý verrückt ist… Wenn doch Žatec, der Kreis Ústí nad Labem und auch die Tschechische Republik nur mehr von diesen Verrückten hätten!“

Derart gelobt, blickt Černý für die Reporter des Tschechischen Rundfunks zurück:

Foto: Robin Rörich,  Tschechischer Rundfunk

„Ich hatte gerade meine eigene Hypothek abbezahlt und wollte nun etwas Gutes tun. Also ging ich zu der Auktion, bei der ich der einzige war, und kaufte die Synagoge für den angegebenen Startpreis von 38 Millionen Kronen. Er hätte vielleicht eher eine symbolische Krone betragen sollen bei all dem, was an Arbeit anstand. Aber ich bereue meine Entscheidung nicht.“

38 Millionen Kronen sind etwa 1,5 Millionen Euro. Černý wusste, worauf er sich einließ. Denn er hatte die beiden Gebäude vorher auf eigene Faust inspiziert…

„Das allererste Mal bin ich auf einer Leiter durch das Fenster in die erste Etage hineingeklettert. So habe ich sowohl die Synagoge als auch das Rabbinerhaus noch vor der Auktion ausgekundschaftet, und zwar vom Dachboden bis hinunter in den Keller. Dort wurde mir dann klar, wie verrückt das ist. Als mir ein Kater entgegensprang, habe ich fast einen Herzinfarkt bekommen. Ich dachte, wenn ich in irgendein Loch falle, dann findet man mich erst in fünf Jahren.“

Foto: Robin Rörich,  Tschechischer Rundfunk

In der Tat war der Zustand der beiden Häuser trostlos. Am Dienstag wurden Fotos aus dieser Zeit ausgestellt, die abgeblätterten Putz, herumliegenden Schutt und achtlos abgestellte Materialien zeigen. Für die schrittweise Sanierung hat Daniel Černý Fördergelder genutzt, die hauptsächlich aus EU-Töpfen stammten. Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 56 Millionen Kronen (2,2 Millionen Euro). In der Synagoge können nun nach mehr als 80 Jahren wieder Gottesdienste stattfinden, und im Rabbinerhaus wurde ein Museum eingerichtet. Für die Restaurierung ist Černý im vergangenen Jahr mit einem Preis des Nationalen Denkmalinstituts ausgezeichnet worden.

Bei der Wiedereröffnung sprach auch der tschechische Kulturminister Martin Baxa (Bürgerdemokraten). Er war zum zweiten Mal in Žatec, und das innerhalb recht kurzer Zeit. Denn erst im November hatte er der Stadtverwaltung die Unesco-Urkunde überreicht für den Eintrag der Hopfenanbaugebiete als Weltkulturerbe. Am Dienstag sagte der Minister:

Synagoge | Foto: Robin Rörich,  Tschechischer Rundfunk

„Vor diesen beiden Besuchen bin ich nie in Žatec gewesen. Aber als ich gerade durch das Rabbinerhaus lief, hatte ich das Gefühl, dass ich in die hiesige Geschichte eintauche und sehen kann, wie die Menschen hier gelebt haben. Das verdient einen großen Respekt. Noch größere Bedeutung hat aber vielleicht, dass Sie alle heute zusammengekommen sind, um sich gemeinsam über die Eröffnung der Synagoge zu freuen. Und auch darüber, dass in Gegenden, die durch eine schwierige Geschichte Narben davongetragen haben, die Dinge in die richtigen Spuren zurückgelenkt werden.“

Die Feierstunde zur Wiedereröffnung der Synagoge wurde dann von Oberrabbiner Karol Sidon beendet.

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Autoren: Daniela Honigmann , Robin Röhrich | Quelle: Český rozhlas
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