"Toleranz statt Intoleranz": Tschechisch-deutsche Konferenz in Usti nad Labem

"Toleranz statt Intoleranz: Deutsche in den böhmischen Ländern gestern, heute und morgen": Unter diesem Motto haben am Wochenende Politiker, Historiker und Diplomaten über die Vergangenheit sowie Perspektiven der tschechisch-deutschen Beziehungen diskutiert. Markéta Maurová war bei der internationalen Konferenz in der nordböhmischen Stadt Usti nad Labem (Aussig) zugegen:

Tschechien und Deutschland
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus rief Deutsche und Tschechen zur "Versöhnung mit der Vergangenheit" auf: "Wir dürfen uns nicht den Luxus erlauben, die Vergangenheit zu vergessen", sagte Klaus, aber man könne keine Ereignisse mehr rückgängig machen, auch wenn man sie heute als falsch ansehe, betonte er. Vielmehr sollten Deutsche und Tschechen an positive Kapitel gemeinsamer Vergangenheit anknüpfen, appellierte das tschechische Staatsoberhaupt."

Die Rede von Vaclav Klaus hat die internationale Konferenz am Sonntag abgeschlossen. Während der Eröffnung am Freitagabend wurde ein Grußwort des Ex-Präsidenten Vaclav Havel verlesen, in dem er dazu aufrief, "Mythen und Vorurteile endlich zu überwinden". Havel konnte wegen einer Krankheit nicht an der Konferenz teilnehmen.

Senatspräsident Petr Pithart warf Tschechen und deutschen Vertriebenen ein "selektives Gedächtnis" vor. Jede Seite erinnere sich nur an eigene Schmerzen, sagte Pithart. "Eine Voraussetzung für eine Verständigung beruht nicht darin, dass wir uns in unseren Schmerzen und Verletzungen übertrumpfen, sondern dass wir fähig sind, Schmerzen und Verletzungen des Anderen zu verstehen. Dann kommt es zur Entspannung, und es öffnet sich die Chance auf eine Begegnung und Wiedergutmachung dessen, was wir und Sie und wir alle zusammen verloren haben."

Die deutsche Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer appellierte für "neue Perspektiven" im bilateralen Verhältnis. "Lassen wir uns mal gegenseitig, wie wir sind, und überlegen uns mal, was wir Europa schulden", forderte sie auf: "Wenn Europa in den letzten hundert Jahren an etwas gelitten hat, dann daran, dass es keine stabile Mitte gab, die zwischen den Mächten Europas ausgeglichen hat, sondern dass wir in Deutschland eine sehr schwache Demokratie hatten, und dass es die alte Rolle der Österreich-Ungarischen Monarchie, nämlich so etwas wie eine europäische Zentralmacht zu sein und gelegentlich zwischen polarisierenden Mächten auszugleichen, auch nicht mehr gegeben hat. Stattdessen hat sich die Mitte Europas selbst zerstört, durch Nationalismus, durch Rassismus, durch sehr große Ängste gegenüber den anderen. Und ich glaube, daraus müssen wir lernen, dass uns das, wenn wir Europa zusammenhalten wollen, in der Zukunft nicht mehr passieren darf."

Konferenzteilnehmer äußerten außerdem ihre breite Unterstützung der Initiative, in Usti nad Labem ein modernes Zentrum für Erforschung und Dokumentation der Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern mit dem Namen "Collegium Bohemicum" zu errichten.