Topolánek: „Maßnahmen der EU gegen die Finanzkrise sind irrational“
Am Dienstag trafen sich die EU-Finanzminister in Luxemburg, um über ein gemeinsames Vorgehen zur Bewältigung der Finanzkrise zu beraten. Wir haben berichtet. Nun hat sich der tschechische Premierminister Mirek Topolánek zu dem Kompromiss geäußert, der in Luxemburg gefunden wurde – mit deutlichen Worten.
„Die EU spielt nur mit der Finanzkrise. Sie trifft Maßnahmen, die einfach irrational sind. Sie stören den Wachstums- und Stabilitätspakt, sie stören alle Richtlinien. Unser Finanzminister Miroslav Kalousek musste auf dem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen am Dienstag in Luxemburg in einer unglaublichen Auseinandersetzung kämpfen, in der er in manchen Momenten völlig alleine da stand.“
Auf dem Finanzministertreffen am Dienstag haben die EU-Finanzminister sich auf eine 100-prozentige Garantie für Geldeinlagen in der Höhe von 50.000 Euro geeinigt. In Tschechien gab es bisher für Geldeinlagen eine Selbstbeteiligung von zehn Prozent, gegen deren Abschaffung Topolánek sich gewehrt hat. Topoláneks Fazit lautete daher:
„Was am Ende herauskam, war das kleinstmögliche Übel.“Einige EU-Staaten wollen eine volle Garantie auf Geldeinlagen in unbegrenzter Höhe geben, wie zum Beispiel Dänemark, Irland, Deutschland und Österreich. Besonders diese Maßnahme erzürnt Topolánek.
„Was gerade geschieht, wie die 100-prozentige Einlagenversicherung, die einige Regierungen wie die irische zum Beispiel garantieren, ist ein absolut unverschämter Schritt. Das ruft einen Transfer von Bankeinlagen in die Staaten mit höherer Garantie hervor. Und das bedeutet die Stärkung der Liquidität in einem Staat auf Kosten eines anderen Staates. Alle diese Maßnahmen sind durchweg künstlich, und sie widersprechen dem Sinn einer einheitlichen EU. Ich muss sagen, das ist eine große Enttäuschung.“
Was in den letzten Tagen geschehen sei, untergrabe das Vertrauen in die EU wie nichts zuvor, so Topolánek weiter.Die Auswirkungen der Finanzkrise haben Tschechien bislang noch nicht so stark erfasst wie andere EU-Staaten. Der Bankensektor hierzulande gilt als gesund. Im Zuge der Privatisierungen in den 90er Jahren wurden alle Altlasten getilgt. Der Senkung der Leitzinsen, die die führenden Notenbanken weltweit am Mittwoch beschlossen haben, will man sich in Tschechien vorerst nicht anschließen. Am Donnerstagmorgen haben die Mitglieder des Bankenrates der Tschechischen Nationalbank entschieden, dass die Lage auf dem tschechischen Finanzmarkt diesen Schritt nicht erfordere.