Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Annbetung der Asche
Den Kulturraum entlang der bayerisch-sächsisch-böhmischen Grenze mit neuem Leben füllen - das will das Festival Mitte Europa schon seit 1991. Kirchen, Schlösser, aber auch Fabriken grenznaher Orte, viele davon lange vergessen und verwaist, hallen wider von einem wahren Feuerwerk der Kultur. An die 80 Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und Seminare sind es auch 2009 wieder, vom 14. Juni bis zum 2. August finden sie statt. Maria Hammerich-Maier sprach anlässlich des Eröffnungskonzerts im sächsischen Adorf mit dem Gründer und Intendanten des Festivals Mitte Europa, Kammersänger Thomas Thomaschke.
„Dass man sich bewusst wird, dass zu einem Konzert oder einer Ausstellung oder Lesung ein bestimmter Raum dazugehört. Da ich selber ein aktiver Künstler bin, weiß ich, dass es ungemein wichtig ist, dass der Raum auch auf das Publikum wirkt. Ein Konzert sollte ein Gesamtkunstwerk sein zwischen Architektur, Musik und der ganzen Atmosphäre.“
Viele Konzerte des Festivals Mitte Europa finden in sakralen Räumen statt, in Kirchen und Klöstern. Will das Festival Mitte Europa auch das spirituelle Leben im bayerisch-sächsisch-böhmischen Grenzraum wieder beleben?
„Durch die lange kommunistische Herrschaft war uns das natürlich von Anfang an ganz wichtig, dass man überhaupt den Kirchenraum wieder wahrnimmt – bevor man zum geistigen und geistlichen Leben zurückfindet. Und es war uns auch wichtig, dass Objekte, die im Verfall begriffen sind, gerettet werden. Ein Beispiel: In Loket – also Elbogen – gab es unter der Burg eine Naturbühne. Die war verfallen, doch der Bürgermeister sagte uns: Wenn Sie mit dem Festival bei uns ein Eröffnungskonzert machen, dann treibe ich irgendwo auch entsprechende Förderungen auf, damit wir die Bühne wieder aufbauen können. Das ist dann auch geschehen, und heute wird die Bühne wieder genutzt.“
Das Festival Mitte Europa schlägt Brücken zwischen Regionen – zwischen Böhmen, Sachsen und Bayern, zwischen Tradition und Moderne und dieses Jahr auch zwischen Industrie und Kultur. Welche Brücke führt von der Arbeitswelt der Industrie zur Kunst der Musik?
„Industrie und Kunst hängen unglaublich eng zusammen. Wenn wir nur den Bergbau in Sachsen und Nordböhmen hernehmen: Der Bergbau hat sich entwickelt und dadurch kam auch die Kunst in der Region zur Blüte. Es gibt in der heutigen Zeit auch viele Industriebauten, die verfallen, und da ist es uns wichtig, mit einem Konzert oder einer anderen Veranstaltung Publikum in diese Räume zu bringen, damit die Leute sagen: Ja, das sollten wir erhalten.“
Vergangene Woche stellten Sie das Festival Mitte Europa in Berlin vor, mit einem Konzert und einem Vortrag in der Tschechischen Botschaft. Der Vortrag handelte von Werten. Welche Werte will das Festival Mitte Europa vermitteln?
„Dass die Menschen zusammen finden. Wir wollen die Grenzen in den Köpfen abbauen, damit Deutsche und Tschechen ihre Kultur gegenseitig besser kennen lernen. Es ist erschreckend, wie viel wir voneinander nicht wissen, obwohl wir so nahe beieinander leben. Und diese kulturellen Werte, die es neu zu entdecken und auch weiterzuentwickeln gibt, die sind eigentlich auch in Europa eingebettet.“