An Traditionen rüttelt man nicht – Das Café Louvre

Café Louvre

Es befindet sich weder auf den Champs-Élysées noch im Bohème-Viertel Montmartre in Paris, sondern auf der Nationalstraße in Prag – das Café Louvre. Trotz seines französischen Namens erwartet den Besucher hier allgemein eher das Flair von Wiener Melange und Mehlspeisen. Der zweite Teil unserer Serie führt in ein Kaffeehaus, in dem man nicht nur still sitzen muss.

Café Louvre  (Foto: VitVit,  CC BY-SA 4.0)

Wer ins Café Louvre auf der Prager Nationalstraße kommt, genießt seinen Kaffee und seine Torte unter stilechten Stuckaturen. Umarmt ist der Raum von Wandvertäfelungen aus edlen französischen Stoffen in kräftigen Rottönen. Cafetier Sylvio Spohr legt viel Wert auf Tradition, auch was das Menü angeht:

„Wir ändern unsere Speisekarte nicht oft. Man kann uns einmal besuchen, nach zehn Jahren wiederkommen und immer noch die gleiche Torte genießen. Viele unserer Speisen sind eigene Klassiker, auch wenn wir sie immer wieder verbessern. Wir sind da konservativ, was sicher auch ein Geheimnis unseres Erfolgs ist. Wir laufen nicht jedem Trend hinterher.“

Wer die Speisekarte des Louvre aufschlägt, dürfte dennoch überrascht sein. Denn dort scheint sich das typische Wiener Kaffeehaus mit dem ebenso typischen Wiener Beisel zu treffen. Denn das Louvre punktet nicht nur mit Strudel und großem Braunen, sondern auch mit böhmischem Rahm-Lendenbraten und Pilsner Bier. Eine Prager Melange sozusagen.

Sylvio Spohr  (Foto: Václav Müller,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Bis 1948 war das Louvre eine der großen Adressen in Prag. Die hohe Prominenz der Zwischenkriegszeit gab sich hier nämlich die Klinke in die Hand:

„Wer im Louvre ein und aus ging, kann man auch in den bei uns erhaltenen historischen Zeitungen lesen. Wir hatten wirklich viele bekannte Gäste. Die berühmtesten waren aber bestimmt Kafka, Čapek und Einstein.“

Nachdem 1948 der rote Wind den angenehm morbiden Wiener Dunst hinwegfegt, liegt das Café Louvre brach bis in die, nun wieder bourgeoisen, 1990er Jahre. Böse Zungen behaupten sogar, dass es hier eine Zeit lang auch nicht ganz so keusch zuging. Sylvio Spohr fand die Räume des Cafés 1992 aber leer vor, die Wände waren kahl, und für Licht sorgten nur ein paar traurige Glühbirnen. Seitdem hat das Kaffeehaus einige Renovierungen durchgemacht. Und heute treffen sich auch wieder bekannte Schauspieler, Literaten und Honoratioren auf einen Plausch im Louvre. Wer aber alles zu ihm kommt, will Sylvio Spohr nicht verraten:

„Eigentlich gebe ich nicht damit an, wer gerne bei mir sitzt. Ich fände das auch unfair gegenüber den Leuten.“

Das Café Louvre findet man in der Nationalstraße (Národní třída 21 / 22), im Prager Stadtzentrum unweit des Nationaltheaters. Geöffnet hat es werktags von 8.30 Uhr bis 23.30 Uhr. An Wochenenden beginnt der Betrieb eine Stunde später.

Doch ins Café Louvre geht man nicht nur zum Kaffeetrinken, Kuchenessen oder Zeitunglesen – auch wenn das Angebot mit tschechischen, deutschsprachigen und englischen Blättern breit ist. Man kann im Louvre nämlich auch spielen – von Dame über Patience, Sechsundsechzig oder Yatzee bis hin zum Billard:

„Diese Tradition des ‚Kaffeehaus-Sports‘ wollten wir bewahren, was uns bisher auch gut gelingt. Vor allem abends sind alle Spiele reserviert, und es herrscht eine angenehme Klub-Atmosphäre. Ich bin der Meinung, dass ein großes Kaffeehaus mit ganztägigem Betrieb auch einen gewissen Unterhaltungswert haben sollte.“

Ein ganz bestimmtes anderes Entertainment findet man im Café Louvre bewusst nicht. Und das ist sehr ungewöhnlich in der heutigen Zeit, wenn auch äußerst angenehm.

„Ich will hier kein W-Lan haben, außer der Markt zwingt mich wirklich radikal dazu. Ich meine, in einem Kaffeehaus sollte man miteinander kommunizieren. Und das nicht per E-Mail. In einem Kaffeehaus geht es tatsächlich um die Kunst des Miteinanderredens.“

CAFÉ LOUVRE