Tschechen legen ein Symbol langsam ab: den Mund-Nasen-Schutz
Wenn man nach einem Symbol für die Corona-Krise in Tschechien suchen wollte, dann müsste man sich nur an die eigene Nase fassen. Dort sitzt nämlich meist die Maske. Oder zumindest saß sie dort bis zum Montag auch bei jedem Gang außer Hauses. Doch nun legen die Menschen hierzulande dieses Symbol so langsam ab.
Doch Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) sieht die Entwicklung hierzulande positiv. Und das trotz wieder leicht steigender Zahlen an Corona-Fällen in den vergangenen Tagen, wie er am Montag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte:
„Die Zahlen steigen eher an bestimmten Orten wie zum Beispiel im Untertagebau Darkov. Insgesamt ist die epidemiologische Lage hierzulande ruhig, in den meisten Kreisen gibt es täglich nur einige wenige neue Corona-Fälle. Deswegen haben wir uns nach Diskussionen mit den Epidemiologen entschlossen, die Maskenpflicht zu lockern. Zugleich glauben wir, dass die Menschen verantwortungsbewusst handeln und den Schutz auch weiter tragen werden.“
Außerdem wies Vojtěch darauf hin, dass die Tragepflicht in geschlossenen Räumen und in öffentlichen Verkehrsmitteln weiter besteht. Zugleich wird empfohlen, die Masken auch dort im Freien anzulegen, wo kein Abstand von mindestens zwei Metern zu fremden Menschen möglich ist.Und so soll es zunächst auch noch weitergehen. Allerdings kündigte der Gesundheitsminister zu Ende vergangener Woche überraschend an, dass die allgemeine Maskenpflicht dann Ende Juni komplett entfallen könnte.
„Bis in den Juni gehen wir von der Pflicht in Innenräumen und in öffentlichen Verkehrsmitteln aus. Wenn sich aber die Lage weiter beruhigt, dann könnten wir die Masken zu Ende Juni ablegen“, sagte der Minister.
In Zukunft würde eine Tragepflicht dann nur noch zeitweilig in besonders betroffenen Gegenden angeordnet, so die Idee.Die Bedeckung von Mund und Nase wurde hierzulande am 19. März eingeführt. Und das obwohl es auch auf dem tschechischen Markt kaum Masken gab. Doch plötzlich ratterten bei vielen Menschen die Nähmaschinen – und per Heimarbeit oder durch Nachbarschaftshilfe war bald jeder irgendwie versorgt. Mittlerweile lassen sich überall in den Geschäften vor allem Baumwollmasken in unterschiedlichsten Formen und Farben bekommen.
Rastislav Maďar ist Chefepidemiologe im Gesundheitsministerium. Er sieht sogar einen Wandel in der tschechischen Gesellschaft:
„Wenn jemand vor der Corona-Pandemie eine Atemmaske aus der Tasche gezogen hätte, dann wäre er mit Sicherheit zumindest komisch angeschaut worden. Vielleicht hätte man ihn sogar aus der U-Bahn oder der Straßenbahn geworfen, weil man sich vor ihm gefürchtet hätte. Mittlerweile gilt der Mundschutz sogar als modisches Accessoire. Und niemand käme im ÖPNV auf die Idee, dass so jemand nicht mehr alle Tassen im Schrank habe oder schwer infektiös erkrankt sei. Sondern man geht davon aus, dass sich derjenige selbst schützen möchte und vielleicht zu einer Risikogruppe gehört.“Wobei Rastislav Maďar darauf verweist, dass die Maske eher dabei hilft, die anderen zu schützen. Aber auch das Abstandhalten werde respektiert, meint der Epidemiologe.
Dass sich das Bewusstsein gewandelt hat, zeigt im Übrigen eine Umfrage, die der Tschechische Rundfunk bei der Meinungsforschungsagentur Median in Auftrag gegeben hat. Demnach ist gut die Hälfte der Menschen hierzulande bereit, in Zukunft auch freiwillig einen Mundschutz zu tragen. Vor allem Frauen und Senioren denken so. Und insgesamt 42 Prozent würden allgemein in geschlossenen Räumen eine Maske anlegen.