„Tschechien hat einen festen Platz“ – Intendant Baumgardt über 63. Europäische Wochen

Peter Baumgardt (Foto: YouTube)

Die Europäischen Wochen Passau haben sich in vielen Jahren von einem regionalen zu einem grenzüberschreitenden Festival entwickelt. Als Peter Baumgardt vor gut zwei Jahren Intendant wurde, legte er auch ein noch stärkeres Gewicht auf die Beziehungen zu Tschechien. Was in dieser Hinsicht bei den Europäischen Wochen 2015 geplant ist, und welches die Programm-Highlights sein werden, dazu mehr im folgenden Gespräch mit Peter Baumgardt.

Peter Baumgardt  (Foto: YouTube)
Herr Baumgardt, Sie stecken mitten in den Planungen für die 63. Europäischen Wochen Passau. Ihr Motto im kommenden Jahr lautet „Über Brücken – überbrücken“ und zielt ja auf die deutsche Wiedervereinigung. Wie viel Platz bleibt in Ihrem Programm für die kulturellen Kontakte zwischen Tschechien und Deutschland?

„Wenn man an die Botschaftsflüchtlinge in Prag vor 25 Jahren denkt, dann besteht eigentlich eher ein eindeutiger Zusammenhang. Damit begann ja der Weg zum Mauerfall und zum Fall des Eisernen Vorhangs, was wiederum die Voraussetzung für die Wiedervereinigung im Jahr 1990 war. Insofern hat Tschechien einen ganz wichtigen Platz in unserem Programm in 2015 – und das sowohl mit Werken tschechischer Komponisten als auch mit großen Orchestern und Ensembles aus dem Land. Und bei uns in Niederbayern mit Programmpunkten, die Tschechien auf ganz besondere Weise widerspiegeln.“

Ragna Schirmer  (Foto: YouTube)
Welche tschechischen Künstler und Ensembles bereichern denn im kommenden Jahr das Programm des Festivals?

„Ich freue mich wirklich sehr auf einen Programmpunkt mit einem Orchester, das sich zum ersten Mal bei den Europäischen Wochen präsentieren wird: das Orchester der Janáček-Oper des Nationaltheaters Brünn. Es tritt am Freitag, 24. Juli, in der Basilika Niederalteich unter dem Titel ‚Für die Freiheit‘ auf. Ragna Schirmer ist die Solistin, Hansjörg Albrecht wird dirigieren. Gespielt werden Beethovens Sinfonie Nr. 3, also die Eroica, das sinfonische Gedicht ‚Eine feste Burg‘ vom zeitgenössischen Komponisten Enjott Schneider, der unter anderem die Musik für den großartigen Film ‚Schlafes Bruder‘ verfasst hat, und Schumanns Klavierkonzert a-Moll. Dieses wunderbare Programm soll unseren Anspruch widerspiegeln, im Jahr 2015 die Wiedervereinigung zu feiern und dabei Tschechien einzubinden – in diesem Fall ein großartiges Orchester.“

Pilsen  (Foto: CzechTourism)
Gibt es auch erneut den Traumtag in Böhmen, und haben Sie für diesen schon ein konkretes Datum?

„Wir haben noch kein konkretes Datum, weil es diesmal nicht nur einen, sondern gleich mehrere Traumtage geben wird. Wir haben bereits 2014 die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kulturhauptstadt Pilsen gesucht. Wir werden also auch im nächsten Jahr in diese westböhmische Stadt reisen und dort dann schwerpunktmäßig Programmteile des Kulturhauptstadtjahres anbieten. Überhaupt wird die Zusammenarbeit zwischen dem Kulturhauptstadtbüro und unserem Büro sehr intensiv sein. Und sozusagen auf dem Weg nach Pilsen werden wir in dem einen oder anderen Ort Station machen, in dem wir dann jeweils wieder Punkte des Kulturhauptstadtprogramms anbieten, wie zum Beispiel eine Opernaufführung. Die Termine stehen aber noch nicht fest und auch nicht die genauen Vorstellungen beziehungsweise Veranstaltungen. Aber es wird sicher ein verlängertes Wochenende werden. Nachdem der Besuch in Pilsen in diesem Jahr ein großer Erfolg war, freuen wir uns schon sehr auf das kommende Jahr.“

Olga Scheps  (Foto: YouTube)
Stichwort Zusammenarbeit: Sie pflegen ja auch besondere Kontakte zum Kammerfestival in Krumau. Wie hat sich diese Zusammenarbeit entwickelt?

„Die Zusammenarbeit war wirklich in diesem Jahr ganz ausgezeichnet, einfach wunderbar. Olga Scheps spielte dort ein Klavierrezital – ein Programmpunkt der Europäischen Wochen, der in das offizielle Programm des Krumau-Kammermusikfestivals eingebunden war. Das werden wir im kommenden Jahr auch machen, und zwar mit dem Trio Fresco. Das Ensemble wird dort ein Stück des oberösterreichischen Komponisten Alfred Huber uraufführen, zudem erklingt ein Klavierquartett von Antonín Dvořák. Und das Trio-Repertoire tschechischer Komponisten wird dann in einen Kontext zum klassischen deutschen Repertoire gestellt. Der Auftritt ist ein wichtiger Programmpunkt des Krumauer Kammermusikfestivals. Im Moment denken wir aber auch darüber nach, gemeinsam das Abschlusskonzert dieses Festivals zu gestalten. Die Planungen dazu laufen, sind aber nicht ganz abgeschlossen.“

Klaus Maria Brandauer  (Foto: The weaver,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Vielleicht können Sie noch ein paar weitere Programmhöhepunkte nennen, die gerade auch unter Ihrem Motto stehen: „Über Brücken – überbrücken“…

„Wir wollen ja über Brücken gehen, wo einst Mauern standen – und freuen uns einfach darauf, 25 Jahre Wiedervereinigung feiern zu dürfen. Dabei wird auch Erstaunliches – ich nenne das jetzt einmal so - im Glanze des Glückes blühen, und wir werden Künstlerpersönlichkeiten in den hellen Schein stellen, die über Brücken gingen oder auch neue Brücken bauen. Ute Lemper wird in unserem Festspielort Burghausen im nächsten Jahr mit ‚The Last Tango in Berlin‘ auftreten, sie war bereits 2014 bei uns in der Studienkirche in Passau zu Gast. Wir werden auch Klaus Maria Brandauer erneut begrüßen dürfen. Und auch hier ein klarer Bezug zum deutsch-deutschen Verhältnis: Es wird der Faust im Mittelpunkt stehen. Klaus Maria Brandauer wird begleitet vom Piano Duo Grauschumacher. Dabei wird er nicht nur den Mephisto spielen, sondern auch Faust, Gretchen und alle anderen Rollen. Ich glaube, das wird ein ganz besonderes Ereignis. Des Weiteren haben wir Ludwig Güttler, den ehemaligen Trompeter der DDR, im Programm. Er ist nach wie vor ein internationaler Star, zu sehen und zu hören mit einem herrlichen und spannenden Programm zusammen mit den Virtuosi Saxoniae in Reichersberg. Dazu kommen viele weitere Programmpunkte, die einen Bezug zum Thema nehmen, wie die Staatskapelle Weimar, das Sorbische Nationalensemble mit einem Tanztheater, Katrin Sass mit einem Chanson-Abend und Till Fellner. Dazu kommt noch Edita Gruberová, die einen ihrer drei Liederabende bei uns in Passau geben wird. Das sind große Namen, daneben haben wir aber auch unbekannte Künstler, die wir entdecken. So die jungen Pianisten Kai Schumacher oder auch Amadeus Wiesensee in Piano Nobile.“

Und Karten für Ihre Veranstaltungen kann man bereits kaufen…

„Für unsere 15 Highlights haben wir bereits am 1. Dezember den Vorverkauf eröffnet, es gibt zu diesen Veranstaltungen auch schon einen Flyer mit genaueren Beschreibungen. Das Gesamtprogramm wird dann Ende März veröffentlicht. Der Vorverkauf läuft jetzt noch bis zum 23. Dezember und dann wieder ab dem 12. Januar.“

Autor: Till Janzer
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