Tschechien ist nicht Tschetschenien: Ein Land sucht seinen Namen

Nach dem Zerfall der Tschechoslowakei war es ein umstrittenes Thema: Wie lautet der Name des neuen Staates? Česko oder Česká Republika – Tschechien oder Tschechische Republik? Offiziell eingetragen sind seit 1993 beide Bezeichnungen. Seit langem fordert eine Initiative, das Land solle auf dem internationalen Parkett nicht länger als „Czech Republic“ sondern nur noch als „Czechia“ erscheinen. Unterstützung dafür signalisiert nun auch die Politik.

Es geht ihnen vor allem um den Sport. Die Athleten, die derzeit in Peking am Start sind, tragen Trikots mit dem Aufdruck „Czech Republic“. Für Zdeněk Kukal ist das viel zu lang und kompliziert. Er engagiert sich für die Initiative Česko/Czechia.

„Wir brauchen einen eindeutigen Namen. So wie eine Firma einen eindeutigen Namen braucht, braucht ihn auch der Staat. Wir müssen uns nur ansehen, wie unsere Geschäftsmarke ‚Made in Czech Republic‘ mehr oder weniger gescheitert ist – weil sie eben nicht eindeutig ist. “

So wie in der Landessprache seit 1993 zwei Versionen existieren, ist es auch im Englischen. Offiziell, etwa bei EU oder Uno, firmiert das Land als Czech Republic. Zu den Unterstützern der Kurzversion Czechia, zumindest im Sport, zählt schon seit langem Staatspräsident Miloš Zeman. Auch Premier Bohuslav Sobotka hat kürzlich seine Zustimmung signalisiert. Für Ex-Minister Alexandr Vondra ist das noch lange kein Grund, von Czech Republic abzurücken.

Alexandr Vondra  (Foto: Prokop Havel)
„Nur weil sich immer in der Saure-Gurken-Zeit jemand für diese Umbenennung einsetzt, wird sie keinen Erfolg haben. Auch wenn es nun Präsident Zeman ist, der diesen Vorschlag unterstützt. Seine Fähigkeiten im Englischen und seine historischen Kenntnisse können nicht die Grundlage für eine solche Änderung sein. Man braucht doch nur auf Wikipedia nachzusehen, dort heißt es Czech Republic. Seit 23 Jahren schreiben die Medien auf der Welt Czech Republic.“

Bürgerdemokrat Vondra war einst ein enger Mitarbeiter von Václav Havel. Der erste Präsident war ebenfalls ein vehementer Gegner der Kurzform, sei es nun Česko, Tschechien oder Czechia. Weil es häufige Verwechslungen mit der englischen Form von Tschetschenien – Chechnya – gab, sind inzwischen auch Regierungsorganisationen wie „CzechTourism“ wieder von Czechia abgerückt. Auch historisch gibt es keine guten Gründe für den Namen, sagt Alexandr Vondra:

„Dieses Argument, dass die Bezeichnung Tschechien (Česko) schon 1000 Jahre alt sei, ist Unsinn. Was es gab, waren die Böhmischen Länder. Da hätte meiner Meinung nach der Vorschlag Czechlands nach dem Vorbild von Netherlands noch größere Chancen, denn es klingt im Englischen besser als Czechia.“

In der offiziellen Sprache dominiert die Republik bis heute. Czechia lässt sich vielleicht für einen Sportreporter leichter aussprechen. Nach Meinung der Traditionalisten wie Alexandr Vondra transportiert die Langversion die demokratischen Werte des Staates.

„Ich habe ja nichts gegen Eishockey. Aber ich denke doch, dass die Wurzeln der tschechischen Staatlichkeit tiefer liegen als Eishockey. Wir sind heute eine Republik, und wir sollten froh sein, dass wir eine Republik haben.“

Auch das Institut für tschechische Sprache plädiert für die Langversion. Dass diese im Ausland geläufiger ist, bezweifelt Zdeněk Kukal von Česko/Czechia. Die Dominanz von Czech Republic führe nur zu Verwirrung:

„Jeder hat mit Ausländern gesprochen, die kaum etwas über unser Land wissen. Sie suchen unterbewusst nach einem kurzen Namen und sagen dann Dinge wie Czech oder Czecho. Die Republik kommt ihnen bestimmt nicht über die Lippen, stattdessen kommen sie auf entehrende und verkürzende Begriffe.“

Oder aber sie sprechen immer noch von der Tschechoslowakei – 23 Jahre nach ihrem Ende ist auch das keine Seltenheit.