Tschechien: Ökosteuer im Visier
In der Bundesrepublik Deutschland steht sie derzeit gerade auf dem Prüfstand, in anderen EU-Ländern hat sich mehr oder minder durchgesetzt und auch in Tschechien soll sie in nicht allzu ferner Zukunft eingeführt werden: die Öko-Steuer. Warum die Tschechische Republik bei deren Einführung gerade auf den in Deutschland gesammelten Erfahrungsschatz zurückgreifen möchte und welche Fehler sie dabei gern vermeiden würde - mit diesen Fragen befasst sich unser heutiges Wirtschaftsmagazin, das diesmal Lothar Martin für Sie ausgearbeitet hat.
"Wir haben sie 1999 eingeführt und haben als Grundsatz etabliert, dass wir aufkommensneutral durchführen, d. h. wir zwar einerseits Energiesteuern erheben, aber andererseits auch Steuern absenken, um der Bevölkerung auch Spielräume für Ausgaben wieder zu geben. Wir wollen damit erreichen, dass wie den Energieverbrauch senken, der gesundheitsschädigende Auswirkungen hat und schädliche Auswirkungen auf das Klima. Das soll dadurch geschehen, dass eben Energiesteuern langsam angehoben werden und andererseits Lohnnebenkosten, ganz konkret die Rentenversicherungsbeitragssätze gesenkt werden. Wir haben damit positive und auch negative Erfahrungen gesammelt. Die Leute hatten etwas Probleme mit dem Begriff Ökosteuer - Öko, der Umweltverband wird positiv gesehen, der Begriff Steuer ist dagegen eher negativ besetzt. Von daher sollte man das eher als Verschmutzungsabgabe bezeichnen, um klarzumachen, dass die Abgabe wirklich auf die Verschmutzung erhoben wird. Andererseits haben wir sehr positive Erfahrungen gesammelt mit den Umwelteffekten. Wir konnten beobachten, dass erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik der Kraftstoffverbrauch zurückgegangen ist, und das jedes Jahr so um zwei bis drei Prozent, sodass wir heute schon einen rund zehn Prozent niedrigeren Kraftstoffverbrauch haben gegenüber 1998, bevor wir die Ökosteuerreform eingeführt haben."
Wie ich von Kai Schlegelmilch erfahre, ist die bilaterale Zusammenarbeit der tschechischen und deutschen Umweltexperten auf dem Sektor der Ökologischen Steuerreform auf ein Ersuchen des tschechischen Umweltministers Libor Ambrozek zurückzuführen, der seinen deutschen Amtskollegen Jürgen Trittin um Unterstützung bei der Einführung dieser Steuerreform in Tschechien gebeten hatte. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die Prager Koalitionsregierung diese Reform auf ihre Fahnen geschrieben und sie in ihrem Regierungsprogramm entsprechend verankert hat. Eine Tatsache, die Radio Prag gegenüber auch von Milan Scasný, dem Abteilungsleiter für Umweltfragen an der Prager Karlsuniversität, bestätigt wurde, als ich ihn danach fragte, ob er in Tschechien auch den politischen Willen für die Durchsetzung eines solchen Schrittes sehe:
"Ich hoffe schon. Auf jeden Fall hat sich die Regierung der Tschechischen Republik zu dieser Aufgabe in ihrer Regierungserklärung verpflichtet, sie wurde ebenso in der Koalitionsvereinbarung festgehalten und es wurde bereits eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe hierfür gebildet. Ich hoffe also, dass das Konzept eingeführt wird."
Die Hoffnung von Milan Scasný ist nur allzu verständlich, denn letzten Endes ist es seine Abteilung, die nach einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag dafür bekommen hat, ein wissenschaftliches Projekt zur Berechnung und Simulierung der makroökonomischen Folgen bei der Einführung der Ökologischen Steuerreform in Tschechien auszuarbeiten. Erste konkrete Zwischenergebnisse des Projekts will seine Arbeitsgruppe dabei im April kommenden Jahres vorlegen, die konsistenten Berechnungen schließlich bis September 2004. Wie aber sieht er die Chancen für eine Ökologische Steuerreform in Tschechien überhaupt, wird ihr hierzulande ein Erfolg beschieden sein, wollte ich von Scasný wissen:
"Sicher, ganz sicher. Unsere bisherigen Zwischenergebnisse und die Ergebnisse eines Models der Hochschule für Ökonomie aus den zurückliegenden Jahren bestätigen die Hypothese, dass es auch bei uns einen Spielraum für positive Auswirkungen der Reform auf die Beschäftigung gibt. Und zwar dann, wenn die Ökologische Steuerreform auf einer aufkommensneutralen Basis durchgeführt wird und nicht über eine Erhöhung der ökologischen Steuern. Es muss sich vielmehr um eine Verschiebung der Steuern handeln."
Um das Projekt der Ökologischen Steuerreform in Tschechien möglichst zügig und erfolgreich einzuführen, will man also die Erfahrungen aus Deutschland nutzen. Dank dieser könnte man den Vorlaufprozess hierzulande durchaus um einige Jahre verkürzen, ist sich Kai Schlegelmilch sicher:
"Also ich denke mal, wenn ich mir die Historie bis zur Einführung der ökologischen Steuerreform in Deutschland anschaue, dann hatten wir einen sehr langen Vorlauf gehabt. Der betrug rund 15 Jahre, wo wir immer wieder Diskussionen und Studien hatten, die auch in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit gefunden haben. Das ist, so mein Eindruck, in der Tschechischen Republik nicht so der Fall, so dass da noch wesentlich mehr an so genannter Grundlagenarbeit geleistet werden muss, Aufklärung über die Idee, das Konzept und die positiven Effekte der Reform. Von daher wird man da sicherlich noch eine zeitlang brauchen, aber dieses Seminar soll ja auch helfen, diese 15 Jahre, die wir gebraucht haben, hierzulande etwas zu verkürzen, dass wir hier vielleicht mit drei bis vier Jahren zu Rande kommen, so dass man eventuell schon im Jahre 2006 über eine Einführung in Tschechien reden kann."
Um den Reformprozess positiv vollziehen zu können, brauche man von Anfang an eine richtige Öffentlichkeitsstrategie, die den Bürger über alle Wesensmerkmale der Reform aufklärt und die das Ganze begleitet, ergänzt Schlegelmilch. Mit Nachdruck wies er darauf hin, dass ökologische Steuern bereits in den meisten EU-Ländern erfolgreich eingeführt worden sind und dass sie nach dem Prinzip "Ökosteuer rauf - Lohnsteuer runter" dem umweltbewussten Bürger die Möglichkeit an die Hand geben, seine finanziellen Ausgaben selbst zu steuern. Schließlich gebe es - so Schlegelmilch - für die Zukunft auch kaum eine andere Alternative, als mittels solch einer Reform der Menschheit ein größeres Umweltbewusstsein an die Hand zu geben, dank dessen sie mit unseren natürlichen Ressourcen sparsamer umgeht und die Last der Verantwortung dabei auf möglichst viele Schultern verteilt wird
"Also das ist wichtig, dass Sie das erwähnen, dass die Lasten gerechter verteilt werden. Denn in der Vergangenheit war und auch jetzt ist es so, dass wir faktisch über unsere Verhältnisse leben. Wir benötigen zu viele Ressourcen und überlassen unseren Kindern und Kindeskindern wesentlich weniger an Entwicklungschancen, weil wir schon so viele Rohstoffe und Energie verbraucht haben. Und daher ist die Ökosteuer auch ein ganz wichtiges Kommunikationsmittel, mit dem man das klarer und transparenter macht. Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass zunächst nur wenige darüber erfreut sind, dass etwas teurer wird. Deswegen ist es auch wichtig, dass andere Sachen günstiger zu erlangen sind, dass man sie attraktiver macht und zum Beispiel Prämien zahlt für energiesparende Haushaltsgeräte. Ich möchte aber auch erwähnen, dass mittlerweile nicht nur die EU dieses Konzept diskutiert, sondern es wird auch von der OECD diskutiert, und auch die Entwicklungsstaaten entdecken dieses Instrument immer mehr, weil sie sehen, damit können wir Anreize schaffen. Dass die Menschen mit dem wenigen Wasser, was sie haben, einfach sparsamer umgehen. Und um abschließend auf die EU-Beitrittsstaaten zurückzukommen, hier gibt es ja auch schon positive Ansätze. So hat zum Beispiel Slowenien bereits 1997 eine CO²-Steuer eingeführt. Es gibt in den verschiedenen Staaten - auch in der Tschechischen Republik - Umweltfonds, die letztlich aus den Verschmutzungsabgaben finanziert werden. Im Prinzip ist die Ökosteuerreform nichts grundsätzlich anderes, nur sie ist wesentlich größer. Über sie kommt ein viel größeres Aufkommen zusammen und eine Energiebesteuerung steht in der Mitte dieser Besteuerungsform."