In Tschechien startet weitere regionale Studie zu Corona-Antikörpern

Die Gesundheitsinstitute in Ostrava / Ostrau und Ústí nad Labem / Aussig starten in der kommenden Woche eine Studie, mit der die Bildung von Antikörpern gegen das Coronavirus untersucht wird. 400 Bewohner von Pflege- und Gesundheitseinrichtungen stellen dafür ihre Blutproben zur Verfügung.

Andrej Babiš | Foto: Ondřej Hájek,  ČTK

Premier Andrej Babiš (Partei Ano) hatte die neue Studie schon vor einigen Tagen in den sozialen Netzwerken angekündigt. Noch ist sie in der Vorbereitungsphase. Die Tests sollen aber zügig ablaufen. Dafür wurde in den Kreisen Mährisch-Schlesien und Ústi nad Labem die Zusammenarbeit mit insgesamt sieben Pflegeeinrichtungen verabredet. Zumeist handelt es sich um Seniorenheime. Das Team würde seine Arbeit in der kommenden Woche beginnen, kündigt Eduard Ježo an, Leiter des Gesundheitsinstitutes in Ostrava:

„Von jedem Teilnehmer werden zwei Proben genommen: eine zur Untersuchung auf die klassischen Antikörper durch einen Neutralisationstest und eine zur Zellenimmunität. Wenn alles gut klappt, können wir sämtlichen Einrichtungen innerhalb einer Woche einen Besuch abstatten.“

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Die Wissenschaftler werden die Antikörperbildung bei Senioren analysieren und zudem untersuchen, ob sich diese bezüglich des verabreichten Impfstoffes unterscheidet. Darum sind alle freiwilligen Teilnehmer mindestens 65 Jahre alt und haben ihre Corona-Impfung in der Zeit zwischen Januar und März dieses Jahres abgeschlossen.

Die Ergebnisse sollen bis Anfang Oktober vorliegen. Sie werden ein weiteres Puzzleteil sein in den langfristigen Forschungen zu der Frage, wie sich die menschliche Immunität gegen das Coronavirus in bestimmten zeitlichen Abständen zur Impfung entwickelt. Die Erkenntnisse werden unter anderem dem Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt. Das Ressort prüft derzeit noch die Anerkennung von Antikörpern als Nachweis einer Infektionsfreiheit. Für eine umfassende Analyse müsse die Studie allerdings noch um weitere Gutachten ergänzt werden, so Eduard Ježo:

Eduard Ježo | Foto: Eva Panošová,  Tschechischer Rundfunk

„In einem nächsten Schritt werden wir die Antikörper auswerten von Menschen nach einer Impfung und von Menschen nach einer überstandenen Erkrankung. Uns interessiert, wie viele dieser Personen sich wiederholt mit dem Coronavirus angesteckt haben und welchen Verlauf die Infektion genommen hat.“

Das Projekt unter Ježos Leitung wird im Übrigen unabhängig durchgeführt von der landesweiten Antikörper-Studie, die das tschechische Gesundheitsministerium am Donnerstag für den Herbst angekündigt hat. Ihre regional begrenzten Forschungen nehmen die beiden Gesundheitsinstitute aus eigener Initiative auf und kommen auch selbst für die Kosten von etwa einer Millionen Kronen (39.000 Euro) auf.

Illustrationsfoto: ec-jpr,  Flickr,  CC BY-NC-ND 2.0

Bereits im Februar und März hatte die Masaryk-Universität in Brno / Brünn eine Studie durchgeführt, die die Antikörper von 30.000 Teilnehmern untersucht hat. Das Ergebnis hatte belegt, dass sich im vergangenen Jahr vermutlich ein wesentlich größerer Teil der Bevölkerung Tschechiens – nämlich mehr als die Hälfte – mit dem Coronavirus angesteckt hat, als von den Laboren registriert wurde. Einschränkend muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Brünner Studie nicht einem unabhängigen Begutachtungsverfahren unterzogen wurde.

Eine eigene Testreihe zu Corona-Antikörpern führte unlängst auch das Haus Palata in Prag durch, eine Betreuungseinrichtung für Menschen mit Sehbehinderung. Dort wurden 112 Bewohner untersucht, die gleich in der ersten Januar-Woche geimpft worden waren. Jiří Procházka leitet das Haus:

Haus Palata | Foto: ŠJů,  Wikimedia Commons,  CC BY 4.0 DEED

„Bei 46 Klienten wurde ein niedriges oder gar kein Vorkommen der zirkulierenden Antikörper festgestellt. Das entspricht etwa 40 Prozent aller unserer geimpften Bewohner.“

Die Palata-Klienten haben einen Altersdurchschnitt von 86 Jahren und gehören damit zur Risikogruppe. Nach den Erkenntnissen der internen Studie wurde im Haus wieder eine Maskenpflicht für alle Mitarbeiter eingeführt, um das Ansteckungsrisiko für die Bewohner zu senken.

Autoren: Daniela Honigmann , Janetta Němcová
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