Tschechien testet umstrittenes Parasitenmittel Ivermectin gegen Covid-19
Das Medikament ist noch nicht offiziell anerkannt als sinnvolle Therapie gegen Covid-19. Dennoch hat Tschechien gleich 10.000 Packungen Ivermectin gekauft. Und in einigen Krankenhäusern hierzulande wird das Mittel bereits eingesetzt.
Besonders Premier Andrej Babiš (Partei Ano) setzt sich dafür ein, Ivermectin bei der Behandlung von Covid-19-Patienten zu nutzen. So sagte der Regierungschef am Sonntag im neuesten Video auf seinem Youtube-Kanal:
„Niemand auf der Welt hat bisher bewiesen, dass es nicht funktioniert. Es gibt vielmehr zahlreiche Berichte, die die Wirksamkeit bestätigen – aus Peru, Argentinien, Paraguay oder Indien. Ich möchte hier nicht darüber reden, wer die Studien erstellt hat und warum. Ich stelle nur eine Frage. Es gibt ein Medikament, das relativ billig ist und auf das es positive Reaktionen gibt. Es wurde an vielen Orten der Welt gegen Covid-19 eingesetzt und hat keine unerwünschten Nebenwirkungen: Warum sollten wir es also nicht auch bei uns in der ambulanten Therapie einsetzen?“
Das Staatliche Institut für Medikamentenkontrolle (SÚKL) in Tschechien hat Ivermectin allerdings noch nicht offiziell registriert. Vergangene Woche erlaubte diese Institution sowie das Gesundheitsministerium jedoch, dass die Arznei an Krankenhäuser verteilt und dort eingesetzt werden darf. So etwa auch in der Klinik im mährischen Kroměříž / Kremsier.
„Für welche Patienten das Mittel indiziert ist, entscheidet der behandelnde Arzt. Zugleich braucht es die Zustimmung des Patienten. Und nicht zuletzt muss das Staatliche Institut für Medikamentenkontrolle darüber unterrichtet werden, dass das Mittel eingesetzt wurde“, so Klinikleiterin Lenka Morgenthalová.
An der Uniklinik in Brno / Brünn wird Ivermectin bereits seit November bei Corona-Patienten verwendet. Allerdings kann der Chef der dortigen Kardiologie, Michal Rezek, bisher kein eindeutiges Urteil abgeben:
„Wir haben das Medikament zusammen mit anderen empfohlenen Therapiemitteln für diese Krankheit verabreicht. Ivermectin wurde also nie als Einziges eingesetzt, so dass wir es jetzt etwa als Wundermittel bezeichnen könnten. Es ist ein Mittel, auf dessen antivirale Wirkung hingewiesen wird. Zugleich soll es einen entzündungshemmenden Effekt haben.“
In einem Interview für das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen merkte Rezek zudem an, dass man Ivermectin bisher bei 30 Patienten eingesetzt habe. Diese Zahl reiche aber nicht für ein Urteil aus, so der Arzt.
Das Medikament dient eigentlich zur Behandlung von parasitären Erkrankungen bei Tieren und bei Menschen, besonders bei Krätze und Würmern. Mittlerweile gibt es über 40 Berichte zum Einsatz von Ivermectin gegen Covid-19. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA haben jedoch vor Nebenwirkungen gewarnt. Auch der tschechische Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos) riet diese Woche zu einem vorsichtigen Umgang mit dem Mittel:
„Man muss dazu sagen, dass dieses Medikament bei der Behandlung von Covid-19 in Dosierungen verabreicht wird, die um ein Vielfaches höher liegen als bei parasitären Erkrankungen. Das kann zu Schädigungen der Leber und der Niere führen. Deswegen muss Ivermectin wie andere experimentelle Medikamente sehr sorgfältig beobachtet und kontrolliert werden.“
Er selbst würde das Mittel nicht nehmen, fügte der Gesundheitsminister an. Eine belastbare klinische Studie zu Ivermectin und Covid-19 liegt bisher noch nicht vor.