Tschechien und der Nato-Gipfel: Verhaltenes Engagement

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Der Nato-Gipfel in Warschau soll wichtige Weichen stellen. Ganz oben auf der Liste stehen das Verhältnis zu Russland und der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“, aber auch das leidige Thema der Verteidigungsausgaben. Wo steht dabei das Nato-Mitglied Tschechien?

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Seit 1999 gehört Tschechien zur Nato. Aber wohl zu keinem Zeitpunkt in diesen 17 Jahren waren die Bedrohungen so umfassend wie derzeit. Wie ein Schock wirkte sicher, dass der russische Präsident Wladimir Putin in den Ukrainekonflikt eingegriffen hat. Der tschechische Armeegeneral Petr Pavel leitet den Nato-Militärausschuss. Ähnlich wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht er einen Vertrauensverlust gegenüber Moskau:



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„Russland verfügt über militärische Mittel, die nicht zu vernachlässigen sind. Das sind sowohl konventionelle wie auch atomare Waffen. Und Moskau zeigt mit seiner Politik, dass es nicht sonderlich viel Respekt vor internationalen Regeln hat, sondern sich diese mitunter für seine eigenen außenpolitischen Ziele zurechtbiegt.“

Gerade die Nachbarn Polen, Estland, Lettland und Litauen fühlen sich von Russland bedroht. Deswegen will die Nato beim Gipfel darüber entscheiden, zusätzliche Truppen in diesen Staaten zu stationieren. Von rund 4000 Soldaten ist die Rede. Aus Prag heißt es: Erst einmal abwarten. Man wolle sich vielleicht später beteiligen. Polen und Tschechien gehören allerdings zu den vier Visegrád-Ländern, und die haben gemeinsame Militärübungen mit den baltischen Staaten ins Auge gefasst. Zudem helfen die tschechischen Gripen-Abfangjäger, den Luftraum im Baltikum zu überwachen.

Petr Pavel | Foto: Kristýna Maková,  Radio Prague International
Große Sorgen stehen den Nato-Mitgliedern auch wegen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ ins Gesicht geschrieben.

„Ein großes Paket stellt die Frage dar, wie die Allianz zu Sicherheit und Wohlstand beitragen kann, und zwar im Umfeld der instabilen Staaten am südlichen und südöstlichen Rand der Nato. Das heißt also in ganz Nordafrika und im Nahen Osten“, so Petr Pavel.

Wie Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) am Freitag sagte, ist Tschechien dafür, dass sich die Allianz in diesem Teil der Welt stärker engagiert. Beim Gipfel soll nun unter anderem beschlossen werden, Awacs-Aufklärungsflugzeuge zur Verfügung zu stellen.

Schon seit vielen Jahren sind die Verteidigungsausgaben in den Nato-Ländern ein Thema. Beim Gipfel vor zwei Jahren hat sich der Nordatlantikpakt daher ein klares Ziel gesetzt: Spätestens 2020 sollen die jährlichen Ausgaben in allen Ländern bei mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Doch das wird Tschechien nicht schaffen, wie aus einem Zeitungsinterview mit Verteidigungsminister Martin Stropnický (Partei Ano) hervorgeht. Es wäre fast eine Verdoppelung des bestehenden Verteidigungsetats. Laut Stropnický lassen sich 1,4 Prozent des BIP erreichen. Nicht nur bei der Truppenpräsenz an der Nato-Ostgrenze zeigt also Prag verhaltenes Engagement, sondern auch bei den Finanzen.

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Etwas kurios ist Besetzung der tschechischen Delegation in Warschau. An ihrer Spitze steht ausgerechnet Staatspräsident Miloš Zeman. Er gilt als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin und hat sich vor kurzem stark gemacht für ein Referendum über die tschechische Nato-Mitgliedschaft.