Tschechien wird kleiner werden - 400 Hektar sollen an Polen gehen
Fast 50 Jahre wurde an der tschechischen Grenze nicht mehr gerüttelt. Doch jetzt soll die Tschechische Republik um fast 400 Hektar schrumpfen. Und zwar zugunsten des nördlichen Nachbarn Polen.
Der Streifen landwirtschaftlich genutzten Gebiets liegt im so genannten Hultschiner Ländchen, auf Tschechisch Hlucinsko. Bis zum Ersten Weltkrieg war die Gegend deutsch besiedelt und seitdem streiten sich Warschau und Prag um sie. 1918 gab es um den Flecken im Nordosten der heutigen Tschechischen Republik sogar eine kleinere militärische Auseinandersetzung. Dann blieb es beim Nachbarschaftsstreit, bis nach dem Zweiten Weltkrieg ganz einfach Stalin den Grenzverlauf festlegte. Die folgende Tauwetterperiode brachte immerhin 1958 eine Begradigung der Grenze mit sich. Als man danach aber Haben und Soll verglich, kam heraus, dass nicht ganz brüderlich zwischen den beiden sozialistischen Bruderstaaten geteilt worden war. Die Tschechoslowakei hatte genau 368 Hektar mehr erhalten, als ihr eigentlich zustehen. Und die fordern seitdem die Polen zurück.
Nach der Wende ist der Streit wieder etwas aufgeflackert. Prinzipiell haben sich seitdem die tschechischen Regierungen mehrfach bereit erklärt, den polnischen Gebietsverlust zu kompensieren. Allerdings gingen die Vorstellungen über das Wie auseinander. So sagte der Erste Botschaftsrat der polnischen Botschaft in Prag, Rafal Morawiec, gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:"Ein Teil der Kompensation soll finanzieller Art sein. Dem kann die polnische Seite aber nicht zustimmen, weil es uns vor allem um die Interessen der polnischen Landwirte geht."
Beim Besuch des tschechischen Premiers Mirek Topolanek in Warschau vor einigen Wochen kam auch der Grenzstreit auf die Tagesordnung. Eine schnelle Lösung wird es zwar nicht geben, aber zumindest hat Topolanek nun die Rücküberführung der Ländereien in polnische Hand als Aufgabe seiner Regierung bezeichnet:
"Die Vorbereitung der ganzen Übergabe ist keine Sache von Monaten. Aber wir wollen im Laufe der jetzigen Legislaturperiode erreichen, dass die Schuld, die historisch entstanden ist, abgegolten wird", so Mirek Topolanek vor kurzem.
Die polnische Seite macht allerdings mittlerweile Druck. Sie hat bereits eine diplomatische Note verfasst, in der sie den Abschluss eines entsprechenden Vertrags fordert.