Tschechiens Präsident in Berlin – „Man ist gespannt, wer er überhaupt ist“

Tschechiens Präsident Petr Pavel in Deutschland

Der tschechische Präsident Pavel hält sich zu seinem Antrittsbesuch in Deutschland auf. Mit welchen Erwartungen wird er im Nachbarland wahrgenommen? Politologe und Leiter der Auslandsredaktion der Tageszeitung Lidové noviny Robert Schuster im Gespräch.

Präsident Petr Pavel mit Präsident Frank-Walter Steinmeier | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Tschechiens Präsident Petr Pavel ist zu seinem Antrittsbesuch nach Deutschland gereist. Worin beruht die Bedeutung dieser Visite in Berlin?

„In erster Linie ist natürlich Deutschland der wichtigste Handelspartner Tschechiens, auch ein wichtiger politischer Partner, der größte Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Wenn es zwischen zwei Ländern wie Tschechien und Deutschland so enge Verflechtungen gibt, wirtschaftliche wie politische, ist es nur logisch, dass eine der ersten Reisen des neuen Staatsoberhauptes eben nach Deutschland führt.“

Was sind Ihrer Meinung nach in der nächsten Zeit die wichtigsten Themen für die Gespräche zwischen Tschechien und Deutschland?

„In erster Linie wird es in Berlin um eine Art Kennenlernen gehen. Man weiß, dass Pavel früher in der Nato als Chef des Militärflügels aktiv war, aber man kennt ihn nicht als Politiker. Was die Themen angeht, wird es natürlich um die Ukraine gehen. Der Krieg in dem Land ist das alles beherrschende Thema dieser Tage. Da wird man sicherlich auch Pavels militärische Expertise hören wollen, wie er die Sache einschätzt, und vielleicht auch, wie die Mitteleuropäer auf die Situation blicken. In dieser Hinsicht gibt es schon auch gewisse Unterschiede zwischen Deutschland und anderen Ländern wie eben Tschechien.“

Präsident Petr Pavel mit Präsident Frank-Walter Steinmeier | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Pavel kommt nicht nur mit deutschen Spitzenpolitikern zusammen, er hält auch eine Rede bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Welche Bedeutung hat sein Auftritt dort? Geht es dabei gerade um das bereits erwähnte Kennenlernen?

„Ich denke schon, aber diese Rede vor der DGAP – ein halboffizieller Think-Tank der deutschen Außenpolitik – ist so eine Art Pflichttermin. Alle bisherigen Premierminister und Präsidenten haben in den letzten Jahren diesen Termin wahrgenommen. Alle sind natürlich gespannt, was für Vorstellungen Pavel eben hinsichtlich des Verhältnisses zur Ukraine hat. Der neue Präsident hat zudem angedeutet, dass er zum Beispiel die politischen Beziehungen zum Baltikum stärken will. Das ist ein neuer und interessanter Ansatz, nicht nur das klassische Mitteleuropa mitzudenken, also Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei, sondern auch das Baltikum. Und dann wird er vermutlich auch stark dafür plädieren, dass die Nato bei ihrer Verpflichtung bleibt, dass die Staaten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben bereitstellen.“

Also geht es gar nicht so sehr um bilaterale Fragen zwischen Tschechien und Deutschland, sondern vielmehr um die Suche nach gemeinsamen Standpunkten zu den europäischen Problemen…

„Genau. Wichtig sind eben die großen Linien, weil die Tagespolitik die Sache der Regierungen ist. Da müsste Premierminister Petr Fiala nach Deutschland fahren, und der war ja schon mehrmals dort und steht in regelmäßigem Kontakt zu Bundeskanzler Olaf Scholz. Aber ich denke, vom Präsidenten erwartet man eben, dass er diese großen Linien vorzeigt, die Europa-Politik, die transatlantischen Beziehungen, das Verhältnis zur Ukraine. Ich gehe davon aus, dass sich die deutsche Seite von diesem Besuch mehr Klarheit erwartet, was man von diesem neuen tschechischen Präsidenten erwarten kann.“

Präsident Petr Pavel mit Präsident Frank-Walter Steinmeier | Foto: Vít Šimánek,  ČTK

Wie wird der neue tschechische Staatspräsident in Deutschland wahrgenommen? Bekommt er Aufmerksamkeit in den Medien? Gibt es gewisse Erwartungen im Zusammenhang mit seinem Amtsantritt?

„Ich glaube, man ist nun gespannt, wer er überhaupt ist. Mit seinem Vorgänger Miloš Zeman wusste man in Deutschland nicht wirklich etwas anzufangen. Denn auf der einen Seite hat er sich als glühender Europäer dargestellt, auf der anderen Seite hat er enge Beziehungen zu Russland und China gepflegt. Also da war man sich stets unsicher. Dieser neue Präsident nun hat sich in der Kampagne sehr prowestlich und proatlantisch gezeigt. Man hofft deshalb, auf eine neue Ebene, auf eine intensivere Art der Kommunikation und der Beziehungen, zu kommen.“