Tschechische Adventszeit in Bayern mit Ausstellungen und Konzerten

Foto: Kristýna Maková

Eine Ausstellung im München setzt sich mit einem düsteren Kapitel der Nachkriegsgeschichte in der Tschechoslowakei auseinander und eine weitere präsentiert in Regensburg das Schaffen des tschechischen Künstlers Jiří Kolář. Aber auch Musik lässt sich genießen – von der Band Jablkoň bis zur klassischen tschechischen Weihnachtsmusik. Dies alles hat das Tschechische Zentrum in München für die Adventszeit vorbereitet. Mehr im Gespräch mit der Leiterin, Zuzana Jürgens.

Ausstellung 'The Art of Killing'  (Foto: Lukáš Houdek)
Frau Jürgens, ich möchte mit unserem Gespräch dort anfangen, wo wir es beim letzten Mal abgeschlossen haben: bei der Ausstellung „The Art of Killing“ des Fotografen Lukáš Houdek. Können Sie uns in Erinnerung bringen, was die Ausstellung zeigt?

„Die Ausstellung 'The Art of Killing', die noch bis zum 10. Januar kommenden Jahres im Tschechischen Zentrum in München zu sehen ist, zeigt Bilder des jungen tschechischen Fotografen Lukáš Houdek. Darauf hat er die Verbrechen während der Vertreibung der Deutschen mit Barbie-Puppen nachgestellt. Die Puppen tragen die damalige Kleidung, alles ist wirklich wahrheitsgetreu rekonstruiert. Der Fotograf hat auch die Ereignisse selbst sehr sorgfältig in Archiven recherchiert. Es handelt sich um Schwarz-Weiß-Fotografien, die wirklich sehr beeindruckend sind. Unter anderem, weil man eben durch diese auf den ersten Blick freundlich lächelnden Puppen sieht, worum es auf den Bildern geht.“

Ausstellung 'The Art of Killing'  (Foto: Lukáš Houdek)
Die Ausstellung ist seit einer Woche zu sehen. Haben Sie schon Reaktionen darauf?

„Ja, und es sind äußerst positive und interessierte Reaktionen, was mich natürlich sehr freut. Man interessiert sich dafür, warum jemand, der so jung ist und mit der Vertreibung letztlich nichts zu tun hat, sich damit auseinandersetzt. Das ist eine wichtige Frage: Lukáš Houdek sagt, er komme aus der Gegend um Stříbro / Mais, seine Familie lebe dort und er sei zufällig auf das Thema gestoßen. Es habe ihn fast schon fasziniert, wie schrecklich es damals gewesen sei und wie wenig man in Tschechien darüber wirklich wisse.“

'Kytlice – Zimmer frei'
Was planen Sie als Begleitprogramm?

„Wir hatten bereits eine Filmvorführung, wir haben den Film gezeigt von Rozálie Kohoutová 'Kytlice – Zimmer frei'. Es ist ein Dokumentarfilm, ebenfalls von einer jungen Autorin. Und am 10. Dezember wird im Tschechischen Zentrum eine Diskussion mit einer weiteren Filmvorführung stattfinden. Der Streifen heißt 'Schaufenster Enkelgeneration' und ist ein Projekt des Goethe-Instituts und der Münchner Universität, in dem es um die Enkelgeneration geht. Und zwar um die Enkel der Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Tschechien bleiben konnten, wie sie mit ihrer Muttersprache und ihrer anderen Identität in der tschechischen Umgebung klarkamen und was dies für sie bedeutete. Zu der Diskussion kommen Martin Singer von der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien und Sandra Kreisslová, die als Ethnologin an dem Projekt mitgewirkt hat. Das ist bis Ende des Jahres eigentlich alles, aber wir haben versucht, uns aus diversen Blickpunkten, Blickwinkeln eben durch die Augen der jüngeren und jungen Generation diesem Thema anzunähern.“

Collage von Jiří Kolář  (Foto: Archiv der Nationalgalerie in Prag)
Kommen wir jetzt zu einer anderen Ausstellung – sie findet nicht in München, sondern in Regensburg seit vergangener Woche statt und präsentiert eine bedeutende Persönlichkeit der tschechischen bildenden Kunst – nämlich Jiří Kolář. Kolář ist vor allem dank seinen surrealistischen Collagen bekannt – was konkret wird zu sehen sein?

Die Ausstellung findet im Kunstforum der Ostdeutschen Galerie statt, und zwar anlässlich des 100. Geburtstags von Jiří Kolář im kommenden Jahr. Dementsprechend präsentiert sie einen Querschnitt durch sein ganzes Schaffen, von den Anfängen bis zu seinem Spätwerk in den 1990er Jahren. Nach sehr langer Zeit können wir damit wieder eine Kolář-Ausstellung in Deutschland zeigen, die sehr umfassend ist. Dies freut mich sehr, weil er zweifelsohne nicht nur mit seinen Bildern, sondern auch mit seinen literarischen Werken einer der bedeutendsten Künstler Tschechiens im 20. Jahrhundert ist. Außerdem spiegelt sich in seinem Schicksal die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Ich würde gerne ergänzen, dass es auch in Regensburg ein umfangreiches Begleitprogramm gibt, es läuft bis zum Ende der Ausstellung im Februar nächstes Jahr. Ich würde allen Interessierten empfehlen, sich auf der Webseite der Ostdeutschen Galerie zu informieren, welche Führungen, Vorträge und Workshops in Regensburg stattfinden.“

Jablkoň  (Foto: che,  Wikimedia CC BY-SA 2.5)
Kehren wir zurück nach München. Dort findet bereits an diesem Freitag das Konzert der Prager Band Jablkoň statt. Von welchem Musikgenre kann man bei dieser Band sprechen? Können Sie sie ein bisschen näher vorstellen?

„Ich muss Sie ein wenig korrigieren: Das Konzert findet im Leierkasten in Dachau statt, also vor den Toren Münchens. Ich hab mit Erstaunen festgestellt, dass die Band eine sehr große Fan-Gemeinde hier in München und im Münchener Umland hat. Die Veranstalter haben sich daher sehr darüber gefreut, dass es mit dem Konzert geklappt hat. Soweit ich weiß, ist es bereits ausverkauft. Jablkoň ist eine Prager Band, die unterschiedliche Genres miteinander kombiniert: Folk, Rock, aber auf der letzten CD auch Country. Damit hat die Band auch in Tschechien eine ganz besondere Stellung.“

Kamila Mazalová  (Foto: Archiv Czech Ensemble Baroque)
Von Jablkoň kommen wir jetzt zur eher klassischen Weihnachtsmusik. Der Advent hat ja bereits begonnen und auch in München erklingt in dieser Zeit tschechische Musik…

„Wie jedes Jahr in der Adventszeit wollen wir in München auch tschechische Musik erklingen lassen. Am 7. Dezember um 20 Uhr wird in der Münchner Sankt-Anna-Kirche die Böhmische Hirtenmesse von Jakub Jan Ryba gespielt. Und am darauf folgenden Wochenende, am 14. und 15. Dezember, gibt es eigentlich keine tschechische Adventsmusik, dafür aber eine hervorragende tschechische Sängerin, Kamila Mazalová, mit dem Ensemble Phoenix Munich. Sie spielen ein Potpourri aus der Advents- und Weihnachtsmusik.“

Foto: Kristýna Maková
Soviel also zur tschechischen Kultur in Bayern in den bevorstehenden Wochen, in der Adventszeit und eigentlich bis zum Ende des Jahres. Ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche einen guten Rutsch ins neue Jahr.

„Das wünsche ich Ihnen und allen Hörerinnen und Hörern auch. Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um mich von allen Hörerinnen und Hörern als Direktorin des Tschechischen Zentrums zu verabschieden, denn meine Aufgabe geht Ende des Jahres zu Ende. Es wird ein neuer Leiter kommen, der das Programm des Tschechischen Zentrums weiter gestalten wird. Ich nehme an, dass er dann auch bei Radio Prag das Programm vorstellen wird. Also alles Gute und auf Wiederhören.“