Tschechische Firmen nehmen immer häufiger Kredite in Euro auf
Die Einführung des Euro ist laut der amtierenden Regierungskoalition in Tschechien aktuell kein Thema. Das hindert aber die Firmen des Landes nicht daran, Kredite in der Gemeinschaftswährung aufzunehmen. Und dieser Trend hat sich in letzter Zeit verstärkt.
Immer mehr tschechische Firmen nehmen Kredite in Euro auf. Im Laufe eines Jahres ist ihre Zahl um 43 Prozent angestiegen, wie aus den Daten der Tschechischen Nationalbank hervorgeht.
Bohuslav Čížek leitet den Bereich Wirtschaftspolitik beim Verband für Industrie und Verkehr. In den Inlandsendungen des Tschechischen Rundfunks sagte der Experte:
„Die Zahl der Kredite in Euro ist bei den Unternehmen angestiegen. Die letzten Daten stammen von November 2022. Da wurden 44 Prozent der Kredite in der Gemeinschaftswährung aufgenommen, im verarbeitenden Sektor waren es sogar 59 Prozent.“
Darlehen in Euro wurden im Lauf des vergangenen Jahres vor allem deswegen so attraktiv, weil sie deutlich billiger waren und dies zum Teil auch weiterhin noch sind.
„Man muss nur die Kosten, also die Zinsen der Tschechischen Nationalbank und der Europäischen Zentralbank miteinander vergleichen. Mitte vergangenen Jahres lag der Leitzinssatz der EZB bei null und der der hiesigen Nationalbank bei sieben Prozent“, erläutert Čížek.
Allerdings haben sich die Strategien beider Währungsinstitute in der zweiten Jahreshälfte 2022 umgekehrt. Die Europäische Zentralbank begann, ihre Leitzinsen zu erhöhen – die Tschechische Nationalbank senkte sie hingegen ab. Dennoch zahlen sich laut Bohuslav Čížek für tschechische Firmen weiter Kredite in Euro aus. So würden sich vor allem die Exportunternehmen auf diese Weise auch gegen mögliche Verluste wegen der Kursschwankungen der tschechischen Krone absichern.
Damit schreitet die sogenannte schleichende Euroisierung der tschechischen Wirtschaft weiter voran. Laut den offiziellen Erhebungen wickeln mittlerweile bis zu 20 Prozent der tschechischen Unternehmen sogar ihre Zahlungen im Inland in Euro ab. Kein Wunder, dass gerade der Verband für Industrie und Verkehr auf die Einführung der Gemeinschaftswährung drängt. Finanzminister Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten) hat dem aber eine Abfuhr erteilt. Diskussionen darüber seien verfrüht, sagte er letztens. Zunächst müsste Tschechien die Inflation in Griff bekommen und wieder zu einem ausgeglichen Staatshaushalt gelangen, so Stanjura.