Tschechische Reaktionen auf den Sudetendeutschen Tag in Nürnberg
Am Sonntag trafen sich Vertreter der Sudentendeutschen Landsmannschaft in Nürnberg zu ihrem alljährlichen Pfingsttreffen. Die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg und der Streit um die so genannten Benes-Dekrete bildeten dabei einmal mehr den thematischen Mittelpunkt. Zum Verlauf des diesjährigen Sudetendeutschen Tages und zu den Reaktionen in Tschechien hören Sie nun mehr von Gerald Schubert:
Dieses Jahr ist aber doch ein besonderes: Die Tschechische Republik ist nun ebenso wie Deutschland Mitglied der EU, eventuelle bilaterale Konflikte wurden so zu Konflikten innerhalb der Union. Außerdem ist der Europawahlkampf längst angelaufen. Haben in diesem Lichte das Pfingsttreffen der Sudetendeutschen am Sonntag und die Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der einmal mehr die Abschaffung der Benes-Dekrete forderte, etwas Neues gebracht? Der tschechische Politologe Robert Schuster vom Institut für Internationale Beziehungen erkennt zwei wesentliche Änderungen:
"Erstens hat Stoiber noch nie so offen erklärt, dass er so lange nicht als offizieller Besucher nach Prag kommen wird, solange die Benes-Dekrete und alles, was damit zusammenhängt, aufrecht bleiben. Die zweite Neuerung ist etwas, das eher am Rande zu hören war: Und zwar die Initiative von etwa 70 Sudetendeutschen, die gegen die tschechische Regierung klagen wollen, um auf diesem juristischen Weg ihr seinerzeit aberkanntes Recht wieder zurückzubekommen."Was eine eventuelle die Abschaffung der Benes-Dekrete betrifft, so ist die Reaktion aus Tschechien diesmal am besten mit den Worten "kein Kommentar" zu beschreiben. Premierminister Vladimír Spidla sagte in einem Fernsehinterview am Sonntagabend, die EU habe sich mit dem Thema bereits befasst, die Sache sei abgeschlossen, und er werde sich an keiner neuen Debatte über das Thema beteiligen. Präsident Václav Klaus fügt dem lediglich hinzu, die Dekrete seien unantastbar und Stoibers Äußerungen ein Versuch, die Geschichte umzuschreiben. Und Vít Kolár, Sprecher des tschechischen Außenministeriums, meint:
"Zwischen Tschechien und Deutschland sind auf Regierungsebene alle diese Probleme gelöst. Das bekräftigt auch die Deutsch-tschechische Erklärung aus dem Jahr 1997."
Was Klagen um die Rückgabe von Eigentum betrifft, so könnten sich eventuell manche von den bisherigen Erfolgen des Adeligen Frantisek Oldrich Kinský ermutigt fühlen. Dessen Familie war nach dem Krieg auf Grundlage der Benes-Dekrete enteignet worden, Kinský war in bisher fünf Fällen mit seinen Besitzansprüchen vor tschechischen Gerichten erfolgreich. Jedoch: Sein Anwalt stellt die Dekrete nicht in Frage. Sie seien im Falle Kinskýs nur falsch angewandt worden.