Tschechische Regierung will Übergewinnsteuer ab 2023

Die tschechische Regierung feilt weiter an den Maßnahmen hinsichtlich der hohen Energiepreise. Am Mittwoch hat sich das Kabinett für das Inkrafttreten der Übergewinnsteuer ab 2023 ausgesprochen und die Finanzhilfen für große Firmen ausgeweitet.

Marian Jurečka | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Noch vor der Kabinettssitzung am Mittwoch herrschte Uneinigkeit. Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) hatte am Morgen verlauten lassen, dass die anvisierte Übergewinnsteuer schon rückwirkend für dieses Jahr wirksam werden solle. Dem widersprach Finanzminister Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten) gleich nach dem Regierungstreffen und verwies auf eine mögliche Anfechtbarkeit vor dem Verfassungsgericht:

„Diese Frage prüfen wir schon seit längerem sehr sorgfältig und gemeinsam mit Verfassungsjuristen. Aktuell ist die Regierung aber der sichereren Variante zugeneigt.“

Und die sieht das Inkrafttreten der neuen Steuer für 2023 vor. Diese Terminierung bezeichnete dann auch Alena Schillerová, Fraktionsvorsitzende der Oppositionspartei Ano, als einzig mögliche Variante. Sie kritisierte, dass die Regierung ein Kommunikationschaos zu dem Thema hervorgerufen habe. Tatsächlich hatte die Prager Börse am Mittwoch sofort auf Jurečkas morgendliche Ankündigung reagiert: Der Index PX fiel um 2,5 Prozent, und die Wertpapiere des halbstaatlichen Energieunternehmens ČEZ sanken auf den niedrigsten Preis seit einem Jahr.

Zbyněk Stanjura | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

So wie es nun aber aussieht, werden die Regierungsparteien im Parlament für die Steuernovelle ab 2023 eintreten. Die sogenannte Windfall Tax soll für Stromerzeuger, Mineralöl- und Montanunternehmen sowie für Banken gelten. Finanzminister Stanjura:

„Die Grenze berechnet sich aus dem Durchschnittsgewinn der letzten vier Steuerzeiträume. Beträgt die aktuelle Gewinnsteigerung weniger als 20 Prozent, fällt keine Windfall Tax an. Liegt das Plus aber bei über 20 Prozent, werden von diesem Zusatzgewinn 60 Prozent Abgaben fällig.“

Die Regierung sehe die Steuer als Sondereinnahme, die auch nur für Sonderausgaben eingesetzt werde, fügte Stanjura an. Finanziert werden soll damit die staatliche Preisdeckelung für Strom und Gas, die für Privathaushalt sowie für kleine und mittlere Firmen beschlossen wurde.

Jozef Síkela | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Das Kabinett hat am Mittwoch außerdem entschieden, dass mehr große Firmen als bisher geplant Anspruch auf finanzielle Unterstützung zur Begleichung der Energiekosten haben sollen. Zunächst waren dabei nur Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie, der Fischerei und der Land- sowie Forstwirtschaft im Blick. Nun wurde das Programm auf alle Wirtschafssektoren ausgeweitet. Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela (parteilos) erläuterte, wer aber trotzdem weiterhin keine Energiezuschüsse bekommt:

„Nicht von diesem Programm unterstützt werden Branchen, für die nun die Übergewinnsteuer erwogen wird, und natürlich auch Unternehmen, für die schon die gedeckelten Strom- und Gaspreise gelten.“

Als weiteren Kritikpunkt bringt die Opposition zudem noch an, dass die Windfall Tax mit einer Novelle des Steuergesetzpaketes eingeführt werden soll anstatt durch ein eigenes Gesetz.

Autoren: Daniela Honigmann , Vojtěch Tomášek
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