Tschechische Städte und Gemeinden unterstützen mit virtuellen Währungen örtliche Unternehmer
Als erste Stadt führte Kyjov / Gaya in Südmähren 2021 den sogenannten Corrent ein. Das ist eine virtuelle Währung, mit der lokale Dienstleister und Unternehmer unterstützt werden sollen. Andere Städte und Gemeinden in Tschechien haben mittlerweile nachgezogen, seit Neuestem auch Aš / Asch an der Grenze zu Deutschland und Prostějov / Proßnitz in Mittelmähren.
Seit 1. Juli gibt es in der Stadt Aš im Nordwesten Tschechiens den sogenannten Corrent – eine regionale virtuelle Währung. Sie wurde an alle 2000 Bewohner verteilt. Auch Lenka Plinta hat sich im Projekt „Corrency“ registriert. Sie wolle die umgerechnet 1000 Kronen (41,50 Euro) vor allem beim Frisör oder für Massagen ausgeben, sagte sie in den Inlandsendungen des Tschechischen Rundfunks.
„Sollten noch Corrents übrigbleiben, dann vielleicht für das Restaurant ‚Alešovka‘ oder die Pizzeria, die auch sehr gut ist“, so Plinta weiter.
Das System funktioniert wie eine Rabattkarte. Ein Teil des Preises für eine Ware oder eine Dienstleistung wird durch die virtuelle Währung abgedeckt, den Rest zahlt der Kunde aus der eigenen Tasche. Vítězslav Kokoř (Partei Ano) ist Bürgermeister von Aš:
„Manche Unternehmer hier geben ihr Gewerbe auf und nehmen eine Arbeit in Deutschland an. Andere können sich noch gerade so halten. Wir wollten daher das Unternehmertum irgendwie unterstützen. Also haben wir zwei Millionen Kronen (83.000 Euro, Anm. d. Red.) aus dem Haushalt der Stadt genommen und sie an die Bürger weitergereicht. Dieses Geld können die Bewohner nur in jenen Betrieben ausgeben, die sich beim Projekt anmelden.“
Angemeldet hat sich auch Michaela Kolouchová. Die Gewerbetreibende bietet Still- und Laktationsberatungen an, aber auch Sprachkurse.
„Ich halte das Projekt für eine gute Gelegenheit, um weitere Kunden zu gewinnen. Wenn ich dadurch drei bis fünf neue Klienten bekomme, wäre ich zufrieden“, sagt Kolouchová.
Aš ist aber nicht die einzige Stadt oder Gemeinde in Tschechien, die mit der virtuellen Währung lokale Gewerbetreibende fördert. Denn dahinter steht eine Unternehmensidee des Filmproduzenten Pepe Rafaj.
Das Konzept regionaler Währungen ist ohnehin viel älter. Es geht auf das sogenannte „Freigeld von Wörgl“ aus den 1930er Jahren zurück. Die Kleinstadt in Tirol reagierte damals auf die Folgen der Weltwirtschaftskrise. Pepe Rafaj wiederum gründete seine Firma „Corrency“, um einen Ausweg aus der Corona-Krise zu bieten. Als erste übernahm das südmährische Kyjov das Konzept. Dabei kann die Währung auch als soziales Fördermittel dienen – wie etwa in Prostějov, wo nur Rentner und Familien mit Kindern das Geld erhalten haben.
„Im Fall der Familien wollen wir die außerschulischen Aktivitäten der Kinder unterstützen. Da der Altersrahmen aber bei null bis 15 Jahren liegt, geht es auch um die Ausgaben, die Mütter in Apotheken oder etwa Babyläden tätigen“, erläutert die stellvertretende Bürgermeisterin von Prostějov, Marcela Žubková (Partei Ano).
Im nordwestböhmischen Aš ist die virtuelle Währung erst einmal auf befristete Zeit geplant. Weiter Bürgermeister Vítězslav Kokoř:
„Wir werden erst noch sehen, wie groß das Interesse der Bürger und der Unternehmer an dem Projekt ist. Zu Ende des Jahres ziehen wir Bilanz. Dann werden wir darüber beraten, ob wir die Sache weiterführen oder nicht – und eventuell, ob wir weitere unternehmerische Tätigkeiten hinzunehmen.“
Die virtuelle Währung Corrent nutzen auch der 14. Prager Stadtbezirk und die Stadt Jeseník / Freiwaldau in Nordmähren.