Tschechische Väter klagen in Straßburg

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Es ist eine Binsenweisheit. Scheidungen laufen selten glatt und einvernehmlich. Streitigkeiten um das Sorgerecht dauern zumeist am längsten. Eltern beantragen unabhängig voneinander psychologische Gutachten über ihre Kinder, welche die Untersuchung dann gleich zweimal über sich ergehen lassen müssen und Gerichtsverfahren werden herausgezögert. Tschechische Väter werfen den Gerichten immer wieder vor, gegen das Gesetz zu entscheiden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist dann oft die letzte Instanz.

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Josef Kopecky führt mit seiner Frau bereits seit sechs Jahren einen Streit um seine Kinder. Das Stadtgericht Prag hatte ihm 2004 den Kontakt mit seinen Töchtern untersagt. Das Tschechische Verfassungsgericht hatte seinem Einspruch nicht stattgegeben.

"Tschechische Gerichte haben die Verhandlungen unqualifiziert und langwierig geführt und haben unverantwortlich entschieden."

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sei seine letzte Hoffnung, sagt Kopecky. Da reicht er nun eine Klage gegen die Tschechische Republik ein. Bereits im Jahre 2003 gab es gleich eine Reihe von Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den Tschechischen Staat und seine Gerichte. Im vergangenen Jahr wurden von Straßburg aus sechs tschechische Gerichtsurteile aufgehoben mit der Begründung, dass den Klägern - zumeist den Vätern - das Recht auf ein Familienleben verwehrt wurde. Auch Lubos Patera vom Verein "Gerechtigkeit den Kindern" sieht die Ursache in einer diskriminierenden Rechtsprechung:

"Die Justiz diskriminiert die Väter bei der Erziehung. Nach der Scheidung werden die Kinder zumeist automatisch den Müttern zugesprochen. Väter haben da nur eine minimale Chance."

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Diese Urteile werden, so Lubos Patera, hauptsächlich von Richterinnen ausgesprochen. Patera sieht jedoch in dem unterbundenen Einfluss der Väter auf die Erziehung ein gesamtgesellschaftliches Problem auf die Tschechische Republik zukommen:

"Weil es mehrere 10.000 Kinder jedes Jahr betrifft und wenn man das Problem nicht löst, werden hier Generationen ohne Väter aufwachsen und das ist gefährlich für den Zustand der gesamten Gesellschaft."

Das Recht beider Elternteile auf die Erziehung müsse respektiert werden, sagt Lubos Patera. Er schlägt deshalb vor, dass die Richterinnen und Richter ganz oder teilweise für Fehlurteile und die daraus resultierenden weiteren Verfahrenskosten haftbar gemacht werden können:

"Das wäre eine Erziehung der Richterinnen und Richter dahin, dass sie mit ihren Urteilen den Bürgern dienen. Denn dafür sind sie da."

Und auch im Ministerium für Arbeit und Soziales denkt man bereits darüber nach, wie man zum Beispiel das künstliche Herauszögern der Gerichtsverhandlungen durch Eltern eindämmen kann. Katerina Prihodova von der Abteilung für Familienpolitik:

"In dem Augenblick, in dem Eltern zielgerichtet Beschwerden und Einspruchsmöglichkeiten missbrauchen, ist es in der Tat nötig, dass sie gegebenenfalls einen Teil der Kosten für die Verlängerung des Verfahrens tragen."

Und das ist auch im Interesse des Staates, denn Zurechtweisungen aus Straßburg kosten den tschechischen Staat mehrere Millionen Kronen.