Über mobile Datentarife gestolpert – Premier beruft Industrieminister ab

Jan Mládek (Foto: ČTK)

Ein Ministerwechsel nur acht Monate vor den Wahlen – das ist eher ungewöhnlich. Doch Premier Bohuslav Sobotka hat sich am Montag entschieden, Industrie- und Handelsminister Jan Mládek abzuberufen. Welche Gründe stehen dahinter?

Jan Mládek  (Foto: ČTK)
Es ist eine wohl überlegte Entscheidung, die Premier Sobotka getroffen hat. Am Montag teilte der Sozialdemokrat mit, warum er seinen Parteikollegen Mládek abberuft:

„Als Regierungsvorsitzender setze ich mich dafür ein, dass der Markt besser funktioniert. Vor allem geht es darum, die Preise von mobilen Datenpaketen zu senken. Vonseiten des Industrie- und Handelsministeriums habe ich dafür nicht ausreichend Unterstützung erfahren. Einige Dinge, die aus dem Ministerium an die Öffentlichkeit gedrungen sind, haben die Nutzer sogar direkt beleidigt.“

Sobotka spielt damit auf zwei Vorfälle an. Vor einer Woche hatte ein Staatsminister am Industrie- und Handelsministerium den Umstand verteidigt, dass in Tschechien die mobilen Datenpakete ziemlich teuer sind. In einer Online-Diskussion sagte der Staatsminister, wer billige Tarife wie in Polen wolle, solle doch einfach dort hinziehen. Jan Mládek mahnte zwar seinen Mitarbeiter ab. Doch schon zuvor hatte der Ressortchef selbst für Stirnrunzeln gesorgt. So war er als einziger Vertreter eines EU-Landes dagegen, die Roaming-Preise zu senken. Der 56-jährige Tscheche sagte, Roaming sei nur etwas für die obersten fünf Prozent der Bevölkerung. Und wenn man die Preise senke, würden die restlichen 95 Prozent draufzahlen. Offensichtlich steht Jan Mládek weiter hinter dieser Aussage. Zumindest kann man seine Reaktion am Montag auch in diese Richtung interpretieren:

Foto: Dean Moriarty,  Pixabay / CC0 Public Domain
„Der Premier hat seinen PR-Beratern gemäß entschieden, aber nicht aufgrund der Fakten. Vielleicht gehöre ich zur alten Schule, die nach Wirtschaftszahlen entscheidet und nicht nach dem Geschrei der Medien.“

Die tschechischen Wirtschaftszahlen sind tatsächlich gut. In Bezug auf die Roaming-Preise stimmen die Rechnungen von Mládek offensichtlich aber nicht. Laut Finanzminister und Vizepremier Andrej Babiš (Partei Ano) haben die Tschechen im vergangenen Jahr sechs Millionen Auslandsreisen unternommen. Niedrige Roamingpreise dürften also nicht nur einer Elite zugutekommen, so Babiš.

Nicht daneben gezielt Mládek aber wohl mit seinem Hinweis auf die Außendarstellung. Acht Monate vor den Wahlen versuchen sich die Sozialdemokraten, in Stellung zu bringen. Sie zielen dabei deutlich auf die untere Mittelschicht – also diejenigen, die auch gut 27 Jahre nach der politischen Wende noch keine großen Sprünge machen können. Anzeichen dafür sind die neue Offenheit gegenüber den Kommunisten oder das geplante Steuerpaket. Dort sollen vor allem Geringverdiener profitieren. Petr Hartman ist politischer Kommentator für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Petr Hartman  (Foto: Khalil Baalbaki,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Der Zeitpunkt für die Abberufung lässt sich gerade mit den Befürchtungen erklären, Jan Mládek könnte das Image der Sozialdemokratie beschädigen.“

Petr Hartman sieht aber noch einen weiteren Grund: den Parteitag der Sozialdemokraten am übernächsten Wochenende. Dort möchte sich Premier Sobotka als Parteivorsitzender bestätigen lassen und damit auch Spitzenkandidat seiner Partei werden:

„Jan Mládek gehört zum südböhmischen Kreisverband, und der hat als einziger nicht Sobotka zum Parteivorsitzenden nominiert. Ich bin jedoch nur dabei, laut zu überlegen, ob die Gründe nicht auch innerhalb der Sozialdemokratie liegen könnten.“

Welche Gründe es also auch immer gewesen sein mögen: Mládek soll zu Ende des Monats abberufen werden. Und die Spekulationen um die Nachfolge laufen schon. Am häufigsten erwähnt wird derzeit der Staatssekretär für Europaangelegenheiten beim Regierungsamt, Tomáš Prouza.