Umfrage: Tschechen halten Corona-Infektion für weniger bedrohlich als noch vor einem Jahr

Das neue Jahr wird schlimmer als das alte. Dies glaubt zumindest jeder dritte Mensch in Tschechien. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Median im Auftrag des Tschechischen Rundfunks durchgeführt hat.

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Mit Pessimismus ins neue Jahr gehen in Tschechien vor allem Senioren ab 65 Jahre, Menschen mit einem mittleren Schulabschluss sowie ökonomisch inaktive Personen. Im Hinblick auf die politischen Präferenzen sind es vorrangig die Wähler von Andrej Babišs Partei Ano, die wenig Gutes für 2022 erwarten.

Deutlich größer ist laut der Median-Studie aber die Gruppe der Optimisten. 59 Prozent der Befragten glauben, dass das neue Jahr besser ausfallen wird als das gerade zu Ende gegangene. Derart äußerten sich vor allem Schüler und junge Erwachsene bis 34 Jahre, Hochschulstudenten, Bewohner Prags sowie Wähler der neuen Regierung aus Koalition Spolu und dem Bündnis von Piraten und Bürgermeisterpartei Stan.

Jan Krajhanzl | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Die größten Bedenken haben die Menschen in Tschechien angesichts der hohen Inflationsraten. Eine Abwertung des Geldes halten ganze 90 Prozent der Umfrageteilnehmer für eine mittlere beziehungsweise sehr ernste Bedrohung im neuen Jahr. Hier seien es erneut ältere Menschen, die entsprechende Ängste äußern würden, sagt Jan Krajhanzl. Er ist Sozialpsychologe an der Masaryk-Universität in Brno / Brünn:

„Senioren reagieren empfindlicher auf ökonomische Erschütterungen. Wir erleben derzeit eine starke Inflation. Den Daten nach fürchten gerade ältere Menschen weitere Preissteigerungen. Und ein breiter Teil der Bevölkerung hat Angst vor einer instabilen Energieversorgung.“

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An zweiter Stelle der „sehr ernsten Bedrohungen“ stehen für die Umfrageteilnehmer mögliche islamistisch motivierte Terroranschläge in Europa. Etwas beruhigt hat sich in Tschechien hingegen die Angst vor einer neuen Corona-Welle. Noch vor einem Jahr ordneten 55 Prozent der Befragten diese als „sehr ernst“ ein, aktuell sind es nur 38 Prozent. Median-Chef Přemysl Čech kommentiert:

„Ich interpretiere dies so, dass wir gelernt haben, mit Corona zu leben. Das Virus hat seine Schockwirkung verloren. Durch die Impfungen haben die Menschen das Gefühl, dass eine Erkrankung nicht mehr so schlimm sein muss.“

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Die Pandemie rutschte in der Umfrage nun in die Kategorie der „mittelschweren Bedrohungen“. Zu den ernsten Risiken wird eher noch eine mögliche „Schwächung europäischer und christlicher Werte infolge der Migration“ gezählt. Etwa 30 Prozent der Befragten stimmten dieser Formulierung zu. Knapp 25 Prozent von ihnen fürchten wiederum den Verlust des Arbeitsplatzes.

Weniger Angst vor einer Corona-Infektion als vor einem Terroranschlag – für dieses Phänomen nutzen Psychologen den Begriff des vergleichenden Optimismus. Die Furcht vor etwas, das gar nicht unmittelbar bedrohlich ist, beuge allzu großem Stress aufgrund realer Risiken vor, so Jan Krajhanzl:

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„Der Mensch möchte gern glauben, dass er von der kommenden Krise oder einem Gesundheitsrisiko weniger betroffen ist als andere. Dies ist der vergleichende Optimismus. Der Verlust kultureller Werte etwa betrifft die Gesamtheit der Bevölkerung, während die Kündigung der Arbeit oder eine Covid-19-Erkrankung eine Bedrohung für die eigene Person darstellt. Darum wird eben diese tendenziell eher geleugnet oder unterdrückt.“

Die Teilnehmer der Median-Studie wurden außerdem um einen Rückblick auf das alte Jahr 2021 gebeten. 55 Prozent von ihnen gaben an, dass es schlechter ausgefallen sei, als sie anfangs erwartet hatten. Diese Bilanz zogen vor allem Frauen ab 74 Jahre mit einem niedrigen Schulabschluss und auch Wähler der Rechtsaußenpartei SPD.

Für die Studie wurden im Dezember insgesamt 1056 Menschen ab 18 Jahre befragt.

Autoren: Daniela Honigmann , Kryštof Šimek
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