Unter welchen Zeichen steht überfällige Rentenreform in Tschechien

Sage nicht Hop, solange du nicht gesprungen bist, empfiehlt eine tschechische Redewendung. Premier Topolanek kann also "Hop" sagen, nachdem seine Regierung die erste Hürde im Abgeordnetenhaus überspringen konnte. Damit öffnet sich auch der Weg zur Umsetzung des Regierungsprogramms mit den vorgesehenen Reformen des Steuer-, Gesundheits und Rentensystems. Der Frage, wie die Zeichen für die letztere und wohl auch die dringendste Reform stehen, ist Jitka Mladkova nachgegangen:

"Im Jahr 1996 wurden von unserer Behörde etwas mehr als 1.770.000 Rentner registriert. Zehn Jahre später, zum 31. Dezember 2006, waren es schon rund zwei Millionen. Anders gesagt: In den zurückliegenden zehn Jahren ist die Zahl der Rentner in Tschechien um 225.000 gestiegen",

sagte dieser Tage die Sprecherin der Sozialversicherungsbehörde (CSSZ), Stepanka Filipova. Die tschechische Gesellschaft wird im Durchschnitt immer älter. Die Anzahl der Kinder nimmt ab, mit der höheren Lebenserwartung geht auch eine längere Rentendauer einher. Angesichts dieser Entwicklung ist sich die große Mehrheit der Politiker und Wirtschaftsexperten des Landes darüber einig, dass nur eine Rentenreform den demographischen Problemen gerecht werden kann. Dazu sei aber ein breiter politischer Konsens erforderlich, so der allgemeine Tenor. Aufgrund der umstrittenen Stimmenmehrheit bei der Vertrauensabstimmung über die Regierung Topolanek können sich allerdings nur wenige vorstellen, dass eine Übereinkunft zwischen der Regierungskoalition und der Opposition gegenwärtig möglich ist.

Im November vergangenen Jahres legte der bürgerdemokratische Minister für Arbeit und Soziales, Petr Necas, den ersten Gesetzesentwurf der ODS für eine Rentenreform vor. Dieser sah eine stufenweise Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von derzeit 60 auf 65 Jahre vor. Alle weiteren Streitpunkte, die ähnliche Gesetzesvorlagen früherer Regierungen beinhalteten und an denen politische Verhandlungen gescheitert waren, wurden nun beiseite geschoben.

Der jüngste Gesetzesentwurf stieß auch diesmal auf heftigen Widerstand der Gewerkschaften. Wegen der lange währenden Regierungskrise ist er aber überhaupt noch nicht auf den Verhandlungstisch gekommen. Die Regierung soll sich damit im ersten Quartal dieses Jahres befassen, doch die richtige Feuerprobe erwartet die Gesetzesvorlage erst im Parlament. Vorausgesetzt, die Vorlage findet ihren Weg dorthin. Ihren Gegnern passt nämlich offenbar die jüngste Entwicklung der Einnahmen zur Rentenversicherung ins Konzept. Hierzu noch einmal CSSZ-Sprecherin Stepanka Filipova:

"Anhand der statistischen Angaben, die der Sozialversicherungsbehörde seit 2001 zur Verfügung stehen, ist beim Betrachten der letzten sechs Jahre ein Trend zu verzeichnen, demnach die steigende Zahl der Rentner in etwa dem Zuwachs der Beitragszahler entspricht. Aus dem Vergleich der Angaben über die beiden Gruppen - jeweils zum 31. Dezember des entsprechenden Jahres - ergibt sich Folgendes: Im Jahr 2001 wurde ein Rentner durch die Beiträge von 2,31 erwerbstätigen Menschen finanziert. Zum 31. Dezember 2006 wurde diese statistische Zahl mit 2,43 Erwerbstätigen ausgewiesen."

Darüber hinaus, so Filipova, weise die Bilanz der Rentenversicherungsreserven in den letzten Jahren schwarze Zahlen aus. Der bereinigte Überschuss für das vergangene Jahr zum Beispiel beträgt 16 Milliarden Kronen, also rund 570 Millionen Euro.