In Ústí entsteht Ausstellung „Unsere Deutschen“

Visualisierung der neuen Dauerausstellung (Foto: ProjektilArchitekti)

Im Museum von Ústí nad Labem / Aussig an der Elbe entsteht schon seit einigen Jahren eine neue Dauerausstellung mit dem Titel „Unsere Deutschen“. Die Eröffnung ist für Ende September geplant. Gezeigt werden soll das Leben der deutschsprachigen Bevölkerung in den böhmischen Ländern vom Frühmittelalter bis in die Gegenwart.

Visualisierung der neuen Dauerausstellung  (Foto: ProjektilArchitekti)
Die Ausstellung wird vom Collegium Bohemicum zusammengestellt. Dieser Verein entstand vor 13 Jahren mit dem Ziel, sich mit dem Kulturerbe der deutschsprachigen Bewohner der böhmischen Länder zu beschäftigen. Das Konzept für die Ausstellung steht schon seit 2011.Doch Probleme mit den Fördergeldern vom Kulturministerium haben das Projekt verzögert – und auch eine Überarbeitung notwendig gemacht. Der Historiker Petr Koura ist Direktor des Collegium Bohemicum:

„Das Konzept war in mancherlei Hinsicht überholt: im technischen sowie im inhaltlichen Bereich. Denn es sind neue Erkenntnisse zu bestimmten Ereignissen hinzugekommen. Außerdem wurden einige Themen ergänzt, die meiner Meinung nach gefehlt haben. Als Historiker habe ich mich ebenfalls daran beteiligt. Beispielsweise möchten wir auch auf sudetendeutsche Nobelpreisträger aufmerksam machen sowie auf die Geschichte der deutschsprachigen Juden hierzulande. So soll im Zusammenhang mit Karl IV. etwa an die Pogrome von 1348 erinnert werden.“

David Syrovátka und Petr Koura  (Foto: Gabriela Hauptvogelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
An der Gestaltung beteiligt ist zudem David Syrovátka – und zwar vor allem als Tischler und Zimmermann. Syrovátka kann auf große Erfahrung mit ähnlichen Projekten verweisen.

„Im vergangenen Jahr war ich an der Ausstellung Sachsen-Böhmen in der Prager Nationalgalerie beteiligt, zuvor auch an der Schau über Karl IV. Das Projekt in Ústí ist für mich und meine Mitarbeiter eine Herausforderung, denn es ist eine recht große Ausstellung. Ich finde vor allem positiv, dass sie zu einer Aufarbeitung der Beziehungen beiträgt.“

Die Ausstellung soll 20 Räume auf zwei Etagen des Museums umfassen. Sie wird thematisch gegliedert und interaktiv sein. Petr Koura beschreibt, wie ein Tisch mit einem Touch-Screen zu Karl IV. aussehen könnte.

Gedicht , Der Ackermann aus Böhmen‘
„In jeder Ecke wird etwas anderes gezeigt. Vier Besucher könnten zugleich an solch einem Tisch stehen und sich jeweils etwas anderes anschauen. In einer Ecke möchten wir die Goldene Bulle von Kaiser Karl IV. vorstellen. Das Gesetzbuch galt bis 1805. Eine herrliche Handschrift, die Karls Sohn Wenzel IV. herstellen ließ, wird in Wien aufbewahrt. Wir werden sie in digitaler Form zeigen. In einer anderen Ecke wollen wir das Gedicht ,Der Ackermann aus Böhmen‘ von Johannes von Tepl präsentieren. Es ist ein in Böhmen entstandenes Werk, das für die deutschsprachige Literatur sehr wichtig, aber hierzulande wenig bekannt ist. Die Handschrift befindet sich in der Universitätsbibliothek in Heidelberg. In einer weiteren Ecke wollen wir Fotografien von Kunstwerken zeigen, die Karl IV. gestiftet hat. Der Kaiser propagierte damals böhmische Heilige: Deswegen findet man den Heiligen Wenzel auch in Aachen, Nürnberg und Breslau.“

Unter den Exponaten sind acht Johannes-Nepomuk-Plastiken, zahlreiche Gemälde, ein Webstuhl sowie unzählige Alltagsgegenstände. Einige sind von anderen Institutionen geliehen, andere stammen aus den Sammlungen des Collegium Bohemicum. Unter den Originalexponaten ist auch ein Brief von Schriftsteller Max Brod.

„Es ist ein typischer Brief, in dem er die Tatsache kritisiert, dass eines seiner Gedichte nicht veröffentlicht wurde. Der Brief wird im Saal gezeigt, der als Replik eines Prager Cafés aus den 1920er Jahren aufgebaut ist. Der Brief wird unter Glas auf dem Tisch liegen.“

Museumsgebäude in Ústí nad Labem  (Foto: Vladimír Cettl,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
Die Ausstellung möchte den negativen Assoziationen bei den Begriffen „Sudeten“ und „Sudetendeutscher“ entgegentreten.

„Ursprünglich wurde Nordmähren als die Sudeten bezeichnet. Auf den mittelalterlichen Landkarten hieß es Sudeti montes – also das Sudetengebirge. In einer weiteren Phase wurde der Begriff auch in den Naturwissenschaften benutzt. Die Pferdebremse, die auf diesem Gebiet verbreitet war, wurde als Tabanus sudeticus bezeichnet. 1938 folgte die Vereinnahmung des Begriffs durch eine einheitliche Gruppe, die ihre politischen Ansprüche stellte. Wir wollen in der Ausstellung eine Ausgabe der britischen Times zeigen, in der über die ,Sudeten-Krise‘ geschrieben wurde. Das Wort wurde international für das tschechoslowakische Grenzgebiet genutzt. Zu sehen sein wird auch ein Erlass, mit dem der Gebrauch des Wortes ,Sudety‘ nach dem Zweiten Weltkrieg hierzulande verboten wurde.“