Vertrauensfrage unter Protesten
Die Minderheitsregierung von Andrej Babiš stellt die obligatorische Vertrauensfrage im Parlament. Die Opposition stört sich an der Unterstützung der Kommunisten für das Kabinett.
„Wenn das Abgeordnetenhaus dem Kabinett heute das Vertrauen ausspricht, dann ist das unsere Regierung, die Regierung aller Bürger unseres Staates. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen politischen Subjekten sie sich zusammensetzt. Alle in diesem Raum bemühen sich – aller verschiedenen Meinungen zum Trotz –, das Beste für die Tschechische Republik zu tun. Ich wünsche allen von Herzen, dass dies gelingt und dass Tschechien ein erfolgreiches, friedliches und reiches Land sein wird.“
Nach der Rede Zemans stellte Babiš den Abgeordneten sein Regierungsprogramm vor. Und dieses trägt deutlich die Handschrift von Sozialdemokraten und Kommunisten. Zwar plant die neue Regierung einen schlanken Staat und bekennt sich zur Westintegration Tschechiens. Doch genauso will sie für soziale Absicherung stehen sowie beispielsweise die Kirchen-Restitutionen besteuern. Der sozialdemokratische Fraktionschef Jan Chvojka ist zufrieden:„Trotz aller Kompromisse haben wir ein gutes Regierungsprogramm ausgehandelt. Wir haben dort eine Wiedereinführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ab dem ersten Tag in Höhe von 60 Prozent der Bezüge festgeschrieben. Zudem wollen wir eine schrittweise Erhöhung des Elterngeldes.“
Die Kommunisten machen jedoch klar, dass sie nicht Teil der Regierung sind und sich scharfe Kritik an deren Politik vorbehalten wollen. Pavel Kovačík ist stellvertretender Parteichef:
„Unser Toleranz-Patent mit der Regierung lässt uns viel Raum für eine kritische Meinung gegenüber deren Politik. Wir sind nicht Teil der Koalition, und in vielen Fragen gibt es inhaltlich unüberbrückbare Differenzen. Es bleibt eine Minderheitsregierung von Partei Ano und Sozialdemokraten. Wir werden sie lediglich tolerieren und ermöglichen somit ihre Existenz.“
Gerade aber die Prioritäten der Kommunisten im Programm, sowie schon allein ihre indirekte Beteiligung an der Koalition, stoßen bei der konservativen Opposition auf radikale Ablehnung. Die Christdemokraten protestierten mit einem Plakat im Plenarsaal, später stellte ihr Vorsitzender Pavel Bělobrádek die Verfassungsmäßigkeit der entstehenden Regierung infrage:„Ich bin davon überzeugt, dass eine Regierung, die durch ihre Entscheidungen und Ansichten die Spielregeln der Verfassung ignoriert, sehr gefährlich ist. Das wird sich am Ende gegen die Bürger richten, die letztlich die Lasten zu tragen haben.“
Bělobrádek spielte vor allem darauf an, dass gegen Premier Babiš polizeiliche Ermittlungen wegen mutmaßlichen Betrugs mit EU-Geldern laufen.
Die Abgeordneten der konservativen Top 09 verließen bei der Rede Zemans demonstrativ den Saal. Der Fraktionsvorsitzende Miroslav Kalousek twitterte dazu, Zitat:
„Wir wollten Präsident Zeman nicht dabei zuhören, wie er uns die Unterstützung einer kommunistischen Regierung empfiehlt, für die er mit verantwortlich ist.“Der Vollständigkeit halber: als damaliger Chef der Christdemokraten setzte sich Kalousek selbst noch 2006 für die Unterstützung einer sozialdemokratisch-christdemokratischen Minderheitsregierung durch die Kommunisten ein. Bürgerdemokraten-Chef Petr Fiala betonte noch vor der Debatte:
„Das erste Mal seit 1989 wird die Tschechische Republik eine halbkommunistische Regierung haben. Die Bürgerdemokraten werden als grundlegende und harte Opposition gegenüber dieser Regierung auftreten.“
Doch es gibt auch noch Gräben innerhalb der Regierungskoalition, denn nicht alle sind mit den neuen Konstellationen einverstanden. So blieb der Sozialdemokrat Milan Chovanec der Vertrauensabstimmung fern. Er erklärte sich auf Twitter, Zitat:„Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, diese Regierung zu ermöglichen. Die Sozialdemokraten sollen da nämlich nur die unwürdige Rolle eines Feigenblattes spielen. Ich habe in den vergangenen Monaten dazu geschwiegen, ich habe der neuen Parteiführung Raum und Zeit gegeben. Leider sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend.“
„Präsident Zeman hat seine Meinung, und die ändert er auch nicht. Ich will da keine Verfassungsstreitigkeiten vom Zaun brechen. Ich glaube fest daran, dass Sozialdemokraten-Chef Hamáček den Präsidenten überzeugt oder das Ganze eben irgendwie anders löst.“