Vizepremier Hamáček sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt
Die Causa um das Munitionslager Vrbětice zieht immer größere Kreise. Am Dienstag wurden Anschuldigungen laut, dass Vizepremier und Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten) die Verstrickung von russischen Agenten in dem Fall zum Anlass nehmen wollte, um mit dem Kreml einen Deal einzugehen.
Wie das Internetportal Seznam.cz berichtete, wollte Hamácek die Causa beilegen, wenn Moskau dafür im Gegenzug den Impfstoff Sputnik V nach Tschechien liefern und zudem einwilligen würde, ein Treffen des russischen und amerikanischen Präsidenten in Prag zu organisieren. Nach dieser Meldung war die gesamte politische Szene Tschechiens in Aufruhr.
Vizepremier Hamáček selbst zeigte sich von der Veröffentlichung des Beitrags geschockt und sagte, dass dies der schwerste Moment in seiner politischen Karriere sei. Dann erklärte er:
„In dem Artikel steht, dass er auf Informationen beruht, die ein Teilnehmer der Sitzung im Innenministerium preisgegeben habe. In dem Beitrag gibt es aber kein einziges konkretes Zitat. Nur Spekulationen und Lügen.“
Die Sitzung, von der bei Seznam.cz die Rede ist, fand Mitte April statt. An ihr nahmen außer Hamáček auch der tschechische Botschafter in Russland, der Polizeipräsident, die Chefs zweier Inlandsgeheimdienste und der Oberste Staatsanwalt teil. Einer dieser Teilnehmer soll also dem Artikel zufolge Interna zur Sitzung preisgegeben haben. Bis auf den Botschafter nahmen alle genannten Personen am Dienstag auch an der eiligst einberufenen Sondersitzung des Abgeordnetenhauses teil. Sie fand hinter verschlossenen Türen statt und dauerte anderthalb Stunden. Doch kein einziger Teilnehmer der Verhandlung im Innenministerium kam zu Wort. Das machte die Opposition stutzig. Insbesondere das konservative Oppositionsbündnis Spolu reagierte scharf und sprach sogar von Landesverrat. Auf die Frage, weshalb man eine solche Anschuldigung vorbringe, ohne die genaue Faktenlage zu kennen, antwortete die Vorsitzende der Partei Top 09, Markéta Pekarová Adamová, am Dienstag im Tschechischen Fernsehen:
„Kein einziger der Betreffenden hat während des gesamten Tages bestritten, dass der Inhalt des Artikels wahr sei. Wenn er also unwahr wäre, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie die Anschuldigungen nicht bestreiten und erklären würden, dass es sich um eine Ente handelt. Weil nichts dergleichen geschehen ist, betrachten wir die im Artikel gemachten Feststellungen als sehr ernst.“
Nach der Parlamentssitzung, die ohne Ergebnis blieb, zeigten sich viele der Abgeordneten enttäuscht. Es hieß, sie habe keine neuen Erkenntnisse gebracht und Hamáček habe mit seinen Erklärungen niemanden überzeugt. Piratenchef Ivan Bartoš:
„Falls sich die Sache bestätigt oder aber die Erklärung Hamáceks unzureichend sein sollte, dann sollte er zurücktreten und die persönliche Verantwortung übernehmen.“
Doch vorerst steht Aussage gegen Aussage. Der Politologe Lukáš Jelínek gab am Mittwoch in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks zu verstehen, dass er keiner der beiden Seiten glaube:
„Jan Hamáček hat sich meiner Meinung nach auf eine Reise nach Moskau vorbereitet, von der er behauptet, sie sei konspirativ gewesen. Doch dann will mir nicht einleuchten, weshalb er für eine solch konspirative Reise den ehemaligen Vorsitzenden des slowakischen Parlaments eingebunden hat. Solche Dinge macht man einfach nicht.“
Und Jelínek setzte fort:
„Auf der anderen Seite kann ich nicht glauben, dass Hamáček sich noch zu solch einem Handel erdreistet hätte, nachdem die Medien über die Causa Vrbětice bereits informiert wurden. Ich denke, dass erst dann Licht in die ganze Sache gebracht wird, wenn sich die Teilnehmer der Sitzung im Innenministerium dazu äußern, insbesondere die Chefs der Geheimdienste“.
Weil dem so ist, stochert man in dieser Angelegenheit vorerst weiter im Nebel. Am Mittwoch hat sich allerdings Premier Babiš (Partei Ano) hinter seinen Vize gestellt. Er halte es für unsinnig, dass Hamáček Informationen über die Causa Vrbětice gegen den Corona-Impfstoff Sputnik V austauschen wollte, sagte der Ministerpräsident.