Vojtěch: Epidemie der Ungeimpften kann durch höhere Impfquote geschwächt werden

Die dritte komplette Oktoberwoche hat in Tschechien die Lage geändert. Die Corona-Epidemie ist eindeutig zurück, denn seit dem 18. Oktober haben sich die Zahlen der Neuinfektionen und der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern fast täglich verdoppelt. Die Regierung sieht sich daher zum Handeln gezwungen, und Gesundheitsminister Adam Vojtěch appellierte am Dienstag an die noch Ungeschützten, das Angebot einer Impfung zu nutzen.

Adam Vojtěch | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Bei der außerordentlichen Pressekonferenz am Dienstag dankte Gesundheitsminister Vojtěch zunächst allen, die sich gegen das Coronavirus haben impfen lassen. Denn dies sei der Grund, weshalb der Ausbruch der Epidemie in diesem Herbst bisher nicht so extrem verlaufen sei wie im Vorjahr. Dann aber wurde der Minister deutlich:

„Die Epidemie ist eine Epidemie der Ungeimpften, das ist Fakt. Dafür sprechen die Daten, die uns vorliegen. Sie besagen, dass die große Mehrheit derjenigen, die jetzt positiv getestet wurden, und jener, die ins Krankenhaus mussten und zum Teil einen schweren Krankheitsverlauf haben, ungeimpfte Personen sind.“

Pavel Ševčík | Foto:  Uniklinik in Ostrava

Besonders betroffen von der derzeit negativen Entwicklung ist der Kreis Mährisch-Schlesien. Dort liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei über 300 Fällen auf 100.000 Einwohnern. Pavel Ševčík ist Chef der Uniklinik in Ostrava / Ostrau. Er bestätigt die These des Ministers:

„Die Patienten, die bei uns im Krankenhaus an die künstliche Beatmung angeschlossen waren oder es noch sind, sind bis auf eine Person alles Menschen unter 60 Jahre. Keiner von ihnen ist geimpft, und alle Umgeimpften befinden sich jetzt in einem sehr ernsten Zustand.“

Uniklinik in Ostrava | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Die Informationen des Chefarztes in Ostrau bestätigen zudem, dass Covid-19 jeden treffen kann. Minister Vojtěch:

„Am Verlauf der epidemischen Lage ist zu erkennen, dass die Infektion derzeit vor allem in der jüngeren und mittleren Altersgruppe grassiert, also bei den 20 bis 49-Jährigen. Bei ihnen ist die Zahl der Corona-Fälle am höchsten.“

Gerade bei den jüngeren Tschechen liege die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, im europäischen Vergleich relativ niedrig. Das moniert auch der Leiter des Instituts für Gesundheitsinformationen und Statistik (ÚZIS), Ladislav Dušek:

Ladislav Dušek | Foto:  ČT24

„Leider beträgt die Impfquote in der Bevölkerung ab einem Alter von 16 Jahren immer noch weniger als 70 Prozent, das Optimum wäre eine Quote von weit über 80 Prozent. Die Impfquote bei den krankheitsanfälligen Senioren ist dagegen mit 82 Prozent ziemlich gut. Doch auch bei ihnen sollten es noch in etwa neun Prozentpunkte mehr werden.“

Konkret sprach Dušek auf der Pressekonferenz von rund 400.000 Menschen im Rentenalter, die noch nicht geimpft und so auch nicht gegen die Lungenkrankheit Covid-19 geschützt seien. Summa summarum liegt Tschechien mit 66,5 Prozent geimpfter Bürger über 18 Jahre im EU-Vergleich nur auf dem 21. Platz von 27 Ländern. Nachbarstaaten wie Deutschland und Österreich seien hier mit 78,7 Prozent beziehungsweise 72,3 Prozent weit besser dran, betonte Dušek und ergänzte:

Foto: Josef Vostárek,  ČTK

„Bei der vollständigen Impfung von Menschen über 18 Jahren liegen wir hinter den besten EU-Ländern um bis zu 25 Prozentpunkte zurück. Und das ist natürlich eine völlig andere Lage, wenn man auf Portugal schaut mit einer Impfquote von über 90 Prozent.“

Überhaupt wird das Beispiel Portugal hierzulande immer wieder positiv hervorgehoben. Denn das Land ist mit einer Bevölkerungszahl von über zehn Millionen Einwohnern etwa ähnlich groß wie Tschechien. Im Land auf der Iberischen Halbinsel könnte man daher von heute auf morgen getrost alle Anti-Corona-Maßnahmen beenden, schlussfolgerte Adam Vojtěch. Auf der anderen Seite sei erfreulich, dass sich gerade in den letzten Tagen auch hierzulande wieder mehr Menschen bei ihren Ärzten oder in den Impfzentren für die Schutzimpfung eingefunden hätten. Diesen Trend wolle man unterstützen, so der Minister:

Impfzentrum | Foto: Václav Šálek,  ČTK

„Gegenwärtig sind in Tschechien 407 Impfstellen in Betrieb. Wir haben uns darauf verständigt, die Impfstellen maximal zu nutzen. Dazu gehört die Verlängerung der Öffnungszeit von bisher acht Stunden auf zwölf oder eventuell noch mehr Stunden. Auch die praktischen Ärzte sind in der Lage, die Corona-Impfung durchzuführen. Sie haben die Impfstoffe von BionTech & Pfizer und Moderna erhalten.“

Auf der Pressekonferenz machten Vojtěch und Dušek vor allem eines deutlich: Der erneute Ausbruch der Corona-Epidemie und ihr Verlauf stehen in direktem Verhältnis zur Impfquote in Tschechien. Könne sie angehoben werden, dann werde sich auch die Epidemie wieder abschwächen, hieß es.

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