Vom königlichen Wildgehege zum Naturschutzgebiet - der Stromovka-Park
Es ist ein Stück Natur in der tschechischen Hauptstadt: Der Park Stromovka („Baumgarten“) ist vor allem im Sommer ein beliebtes Ziel der Prager. Für die Öffentlichkeit zugänglich wurde der Park vor 210 Jahren. Bis dahin konnten die Prager den Baumgarten nur zu besonderen Gelegenheiten betreten.
Bei schönem Wetter gebe es hier allzu viele Menschen, sagt eine Pragerin, die mit ihren Kindern durch den Park spaziert.
Hätte Graf Jan Rudolf Chotek vor 210 Jahren das Königliche Wildgehege nicht in einen öffentlich zugänglichen Park verwandelt, gäbe es dort heutzutage keine solchen Menschenmengen. Bis 1804 durfte die Öffentlichkeit die Sehenswürdigkeiten in der Stromovka nur zu besonderen Anlässen bewundern, sagt die Vorsitzende des Vereins für das alte Prag, Kateřina Bečková:„Das war einst nur einmal im Jahr am Tag des heiligen Gotthardt möglich. Ungefähr seit dem 18. Jahrhundert war das Wildgehege auch während der Ostertage geöffnet.“
An die Eröffnung des Parks für die Öffentlichkeit erinnert eine Inschrift am Gotthardt-Tor, wo die Jahreszahl 1804 noch heute gut zu erkennen ist. Der Stromovka-Park kann aber auf eine viel längere Geschichte zurückblicken. Im 13. Jahrhundert richtete der böhmische König Přemysl Ottokar II. an diesem Ort ein Wildgehege ein, das von einer Mauer umgeben war. Kateřina Bečková:
„Schon im Mittelalter gab es dort ein ganz kleines Jagdschloss. Aber erst König Vladislav Jagiello ließ dort Ende des 15. Jahrhunderts ein wirkliches Schloss bauen.“Von dem Bau aus der Zeit von Vladislav Jagiello sind nur Fragmente erhalten geblieben, darunter ein steinerner Löwe, der in seinen Klauen das Wappen des Königs hält. Aus dem Jagdschloss wurde nach einigen Umgestaltungen das Sommerschloss des Statthalters.
„Verwaltet wurde es von der Prager Burg aus. Zunächst vertrat der oberste Burggraf den Herrscher. Seit 1848 wurde er als Statthalter bezeichnet.“
Seit 1949 ist im Schloss die Zeitschriftenabteilung der Bibliothek des Prager Nationalmuseums untergebracht. Zurzeit ist das Gebäude zum Teil hinter einem Gerüst verdeckt, da die Fassade renoviert wird.
Neben dem Sommerschloss des Statthalters gibt es in der Stromovka noch ein weiteres Baudenkmal. Das frühere sogenannte „Untere Sommerschloss“ ist heute eher unter der Bezeichnung „Šlechtova restaurace“ (Restaurant Šlechta) bekannt. Es war ursprünglich ein Jagdschloss und wurde Ende des 17. Jahrhunderts für den österreichischen Kaiser Leopold I. erbaut. Später erfolgte der Umbau in ein Gartenrestaurant. 1882 pachtete der Unternehmer Václav Šlechta die Gaststätte. Seine Nachkommen betrieben sie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Obwohl Obwohl das Gebäude seit 1964 unter Denkmalschutz steht, ist es heute in einem sehr schlechten Zustand. 1978 und 1980 brannte es aus, 2002 wurde es zudem vom Hochwasser beschädigt. Um die Rettung des Gebäudes bemühen sich seit Jahren zwei Prager Bürgerinitiativen. Ob es noch gelingen wird, das historische Haus in Stand zu setzen, ist momentan unklar. Unweit des ehemaligen Unteren Sommerschlosses mündet der sogenannte „Rudolf-Stollen“. Er wurde in den Jahren 1584 bis 1593 unter Kaiser Rudolf II. angelegt. Am Bau beteiligt waren Bergarbeiter aus Kutná Hora / Kuttenberg. Durch den über ein Kilometer langen Kanal fließt Wasser aus der Moldau unter dem Stadtteil Letná hindurch bis in die Teiche der Stromovka.Durch einen Teil des Parks konnte man früher sogar mit der Straßenbahn fahren. Direkt im Park befand sich sogar ein Straßenbahndepot. Die Strecke war nur bis zum Zweiten Weltkrieg im Betrieb. Kateřina Bečková:
„Dann wurde es notwendig, andere Straßenbahnstrecken auszubauen. Diese Strecke wurde stillgelegt. Die Gleise wurden aus der Stromovka entfernt und für den Bau anderer Straßenbahnabschnitte in Prag wiederverwendet."